Zum Evangelium Joh 17, 6a; 11b-19 am Sonntag, dem 17.5.2015
Der Text des heutigen Evangeliums ist wie ein Fürbitt-Gebet!
Jesus hat seine Jünger und alle Menschen, die seine Nähe suchten, einen Zeitraum ihres Lebens als Mensch unter Menschen begleitet. Sie haben ihn vor Augen gehabt, haben sich unmittelbar an seinem Reden und Handeln orientieren und mit ihm direkt über alles sprechen können, was sie bewegte. In Jesus ist Gott ihnen als Bruder, Freund und Lehrer zum Anfassen nahe gewesen. Aber die Zeit seiner körperlichen Anwesenheit ist begrenzt, denn Jesus geht zurück zum Vater.
Ein wenig erinnert mich die Situation an die Phase, in der Eltern die erwachsen gewordenen Kinder ins selbständige Leben entlassen. Über eine lange Zeit umsorgen wir Eltern unsere Kinder, nehmen sie bei der Hand, sind schützend und beratend da und nah. Im Idealfall haben die Kinder so eine sichere Basis und Rückhalt, um Stück für Stück ins Leben hineinzuwachsen. Und irgendwann ist es dann soweit: Die Kinder sollen (und wollen!) auf eigenen Füßen stehen, eigenverantwortlich Entscheidungen treffen und Verantwortung übernehmen. Die Beziehung zwischen Eltern und Kindern endet damit nicht, sie verändert sich nur. Die meist größere räumliche Distanz, die Trennung von Haushalten und Alltagsabläufen bedeutet nicht, dass man die emotionale Bindung beeendet.. Die Eltern wünschen und erbitten sich für ihre Kinder,
dass eine innere Verbundenheit bleibt,
dass das in ihrem Inneren verankert ist und trägt, was man den Kindern als „Basis“ mitgegeben hat,
dass sie Freude am Leben haben und
dass sie bestehen können, wenn ihnen der raue Wind der Lebenswirklichkeit ins Gesicht bläst,
dass sie aufrecht durchs Leben gehen …
Auch Jesus geht nicht einfach weg, nach dem Motto: Mission erfüllt! Im Gegenteil, seine innere Verbundenheit mit uns Menschen bleibt.
„… damit sie eins sind wie wir“ (V11b),
„ … damit sie meine Freude in Fülle haben“ (V13) und
„… damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind“ (V 19)
Diese „Lebensbedingungen“ wünscht sich Jesus für uns Menschen. Deshalb bittet er den Vater,
dass wir seine Nähe weiter suchen, uns in seinem Namen versammeln und erspüren, dass er es ist, der uns mit ihm und untereinander verbindet und uns froh und frei macht,
dass uns diese Beziehung zu ihm und untereinander stark macht gegen all das, was auf so vielfältige Weise an Bösem auf uns einwirkt,
dass wir die Geister zu unterscheiden lernen und uns keinen trügerischen „Wahrheiten“ verschreiben, sondern unser Denken und Handeln an seiner Liebe orientieren und so „wahrhaft“ und erfüllt leben.
Gott sei Dank für diese für-bittende, stärkende Nähe!
Maria Schmale
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.