Taufe des Herrn, 12.01.2025
Zum Evangelium nach Lukas 3, 15 – 16, 21 – 22
15 Das Volk war voll Erwartung und alle überlegten im Herzen, ob Johannes nicht vielleicht selbst der Christus sei. 16 Doch Johannes gab ihnen allen zur Antwort: Ich taufe euch mit Wasser. Es kommt aber einer, der stärker ist als ich, und ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. Er wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen.
21 Es geschah aber, dass sich zusammen mit dem ganzen Volk auch Jesus taufen ließ. Und während er betete, öffnete sich der Himmel 22 und der Heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.
Seit vielen Jahren gibt es die begehbare Taufstelle in St. Maria Magdalena. Immer dann, wenn ein Mensch darin getauft wird, ist es so, wie die Bibel die Taufe durch Johannes beschreibt: Nicht mit einigen wenigen Tropfen, die bedeutungsarm über den Kopf laufen, sondern mit dem ganzen Körper taucht der Mensch in das Wasser ein. Insgesamt ist es viel weniger Wasser als zur biblischen Zeit im Jordan, aber auch hier wird man ganz nass. Bei Erwachsenen taucht auch der Kopf unter die Wasseroberfläche. Das verändert in krasser Weise die Wahrnehmung. Meist schließen die Menschen die Augen, sie wissen, dass sie unter Wasser nicht atmen können, mitunter fließt Wasser in die Ohren. Das verändert die Wahrnehmung. Es macht klar: Hier ändert sich etwas radikal. Mit mehreren Sinnen erfährt der Mensch eine Veränderung. Sie ist komplett anders als das Einsteigen in das heimische Badewasser oder das Tauchen in einem See, einem Schwimmbad oder dem Swimmingpool im Garten, denn im Taufbecken geht es nicht um die Körperhygiene oder den Freizeitspaß, sondern um ein Erleben des Wechsels. Altes endet und wird abgewaschen, Neues beginnt.
Wer so in sein neues Leben eintaucht, sich bewusst macht, dass ihm andere dabei zusehen, wer sich in die Hände des taufenden Menschen begibt und dann auch spürt, dass das Gewand, welches getragen wird, nach dem Kontakt mit Wasser schwer ist, den Körper an das Wasser bindet und Bewegungen einschränkt, liefert sich bewusst aus. Und spürt nach der Taufe, wie das neue Leben willkommen heißt: Durch jubelnden Gesang einer Gemeinde, helfende Hände, die beim Aufstieg aus dem Taufbecken unterstützen und ein kuscheliges Handtuch, in das man eingehüllt wird, meist gefolgt durch eine herzliche Umarmung. Wer sich nicht als Kleinkind, sondern im vollen Bewusstsein taufen lässt, vergisst diese Taufe ganz sicher nicht.
Dass der Heilige Geist einer Taube gleich im Kirchenschiff erscheint, kann nahezu ausgeschlossen werden, dafür erschallt stets eine kräftige Stimme des taufenden Menschen, der dem getauften Menschen zusagt, jetzt und für immer zu Christus zu gehören. Wir verbinden damit die Überzeugung, dass damit Gott jedem Getauften zusagt, ein geliebtes Kind zu sein, im Wohlgefallen Gottes ruhen zu dürfen – bis über den Tod hinaus.
Immer dann, wenn sich eine Gemeinde um die Taufstelle versammelt, wird sie so in mitfühlbarer Form an die eigene Taufe erinnert und somit an die individuelle Zusage Gottes zu jedem der versammelten Menschen. Ein Moment lang ruht das Alltagsleben und fast tatsächlich klopft uns Gott auf die Schultern mit dem Hinweis: „Ich bin da. Für dich. Für immer.“
Dieser Augenblick ist für mich wertvoll. Weil er des Bildes der Taube nicht mehr bedarf, mir dafür immer wieder in Erinnerung ruft, in Gottes Mannschaft zu spielen und nicht Gefahr zu laufen, vom Platz gestellt zu werden. Das nenne ich eine starke Zusage an das Leben.
Tim Wollenhaupt