Zum Evangelium Mk1, 14-20 am Sonntag, dem 25.1.2015
Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm.
„Ohne Netz und doppelten Boden“
Trapezkünstler leben gefährlich. Unter der Zirkuskuppel am Trapez zu turnen, mit atemberaubender Geschwindigkeit über den Köpfen der Zuschauer daherzufliegen, das ist gefährlich; es ist lebensgefährlich. Von daher gibt es aus gutem Grund die Vorschrift, dass solche Kunststücke bei uns nie ohne Netz vorgeführt werden dürfen. Das Netz verhütet im Notfall wenigstens das Schlimmste, das Netz fängt den Trapezkünstler dann zumindest auf. So ein Netz ist wie eine Lebensversicherung.
Denn genau genommen ist das Fischernetz auch nichts anderes als eine Sicherung, eine Lebensversicherung. Sein ganzer Beruf, seine ganze berufliche Zukunft hängen an diesem Netz. Ohne das Netz hat ein Fischer kein Einkommen, ist seine finanzielle Absicherung dahin. Und ohne gesichertes Einkommen ist das ganze Leben unsicher geworden. Das war damals kein bisschen anders als heute. Menschen, die diese Absicherung verloren haben, oder um den Beruf kämpfen müssen, die wissen darum.
Jetzt waren die Jünger ohne Netz und doppelten Boden, jetzt hatten sie alle Sicherheiten hinter sich gelassen. Kann man so unvernünftig sein?
Als ob uns Jesus heute sagen wollte: All eure Planung, alle Versicherungen, all eure Vorsichtsmaßnahmen sind schön und gut. Sie taugen aber nur bis zu einem bestimmten Punkt. Es gilt immer wieder aufs Neue den Sprung aus der Zirkuskuppel zu wagen, auch wenn kein Netz zu sehen ist, Manchmal musst du springen ohne dass du dich selbst auffangen könntest.
Das gilt für jeden Lebensabschnitt. Für den Jugendlichen, der bei der Berufswahl kaum abschätzen kann, ob seine Entscheidung in zwanzig Jahren noch tragen wird; genauso wie für den alt gewordenen Menschen, der nicht weiß, ob er jetzt wirklich den Heimplatz annehmen, oder noch zuhause bleiben soll.
Manchmal muss man eben springen, ohne sich selbst dabei auffangen zu können.
Und Jesus gibt seinen Jüngern zu verstehen, dass man es tun kann. Komm und spring, folge mir nach, denn ich bin da. Wer andere Sicherheiten sucht, wird manchmal ewig in der Zirkuskuppel stehen bleiben. Mehr Sicherheit gibt es meist nicht. Das Vertrauen darauf, dass ein Gott da ist, der mich auffangen wird – das ist das einzige, was meistens bleibt.
Deswegen hat Nachfolge auch sehr wenig mit Gehorsam, ganz wenig mit Geboten und erst recht nicht mit persönlicher Leistung, aber sehr viel – unendlich viel – mit Vertrauen zu tun.
Spring, folge mir nach, sagt Jesus, ich bin da und ich fange dich auf.
Josef Winkler
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.