Zum Evangelium Mt 5, 1-12a am 4. Sonntag des Jahreskreises, 29.1.2023
1 Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg. Er setzte sich und seine Jünger traten zu ihm. 2 Und er öffnete seinen Mund, er lehrte sie und sprach:
3 Selig, die arm sind vor Gott; / denn ihnen gehört das Himmelreich. 4 Selig die Trauernden; / denn sie werden getröstet werden. 5 Selig die Sanftmütigen; / denn sie werden das Land erben. 6 Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; / denn sie werden gesättigt werden. 7 Selig die Barmherzigen; / denn sie werden Erbarmen finden. 8 Selig, die rein sind im Herzen; / denn sie werden Gott schauen. 9 Selig, die Frieden stiften; / denn sie werden Kinder Gottes genannt werden. 10 Selig, die verfolgt werden um der Gerechtigkeit willen; / denn ihnen gehört das Himmelreich. 11 Selig seid ihr, wenn man euch schmäht und verfolgt und alles Böse über euch redet um meinetwillen. 12 Freut euch und jubelt: Denn euer Lohn wird groß sein im Himmel. So wurden nämlich schon vor euch die Propheten verfolgt.
Die Bergpredigt Jesu gehört zu den allgemein recht bekannten Evangelientexten. Ich empfinde sie als Herausforderung und Hoffnung spendend zugleich. Was geht mir spontan dazu durch den Kopf?
Der Krieg in der nahen Ukraine hat mein ursprünglich sehr pazifistisches Weltbild arg in Frage gestellt. Sanftmütigkeit scheint in unserer heutigen Wirklichkeit nicht unbedingt die angebrachte Haltung zu sein. Sie wird als Schwäche gewertet und schamlos ausgenutzt. Was nutzt aller guter Wille, wenn die Gegenseite, das Recht dazu für sich beanspruchend, skrupellos und ohne Rücksicht auf Verluste, die eigene Position durchzusetzen gedenkt. Nur zur Schau getragene Stärke und entsprechende Gegenwehr scheinen Mittel zu sein, um der Aggression Einhalt zu gebieten. Sind die Seligpreisungen da nicht ein blauäugiges Wunschdenken, das nicht in die Zeit passt? Ein sich immer weiteres „Aufschaukeln“ ist aber definitiv auch keine Lösung. Es führt immer weiter hinein die die Spirale von Gewalt und Gegengewalt.
Als Jesus die vielen Menschen sah, stieg er auf den Berg.
Wenn JESUS sich höher positioniert als die Menschen um sich herum, dann nicht, um sich über sie zu erheben oder gar sie zu beherrschen, sondern um alle zu erreichen, allen von Angesicht zu Angesicht zu begegnen und sich ihnen verständlich zu machen.
Sich in einer ebensolchen Absicht aus der Menge heraus zu begeben, täte uns bestimmt auch so manches Mal gut. Ich stelle beispielsweise bei mir selbst fest, dass ich mich oft bevorzugt in einer „Blase“ bewege. Ich umgebe mich mit Menschen, die ähnlich denken wie ich. Ich bevorzuge die Nachrichten und Artikel zu lesen, die meinen politischen und moralischen Ansichten entsprechen bzw. diese bestätigen. Das bietet mir einen gewissen Schutzraum in dieser unübersichtlich gewordenen Welt.
Aber ist es auch richtig? Denn auf diese Weise blende ich einen Teil der Welt aus und entziehe mich der Bereitschaft, mich auch mit mir unbequemen Sichtweisen auseinanderzusetzen und die dahinter stehenden Beweggründe zu verstehen. So verhindere ich die Möglichkeit zu einem unter Umständen doch fruchtbaren Diskurs. Wenn ich mich also aus meiner „Blase“ heraus begebe und mir in guter und offener Absicht einen Überblick verschaffe über andere Meinungen und Positionen, nehme ich vielleicht auch Menschen ganz anders wahr, die ich vorher eher in eine bestimmte Schublade gesteckt habe.
Solche Gedanken beenden nicht einfach einen Krieg, aber sie sind Grundvoraussetzung dafür, überhaupt Ansatzpunkte zu finden, wie eine Annäherung oder ein Kompromiss gefunden werden könnte – wenn beide Seiten dies ehrlich angehen. Auch ein langer Weg beginnt mit kleinen Schritten …
… angefangen im alltäglichen Zusammenleben in unserer Gesellschaft, die auch von vielen „Kleinkriegen“ um Meinungshoheit gespalten ist.
Wie gut, dass du auf den Berg steigst, den Mund öffnest und uns lehrst, guter Gott. Hilf uns, zuzuhören und zu verstehen, damit wir begreifen, welchen Auftrag du für jeden von uns hast!
Maria Schmale