26. Sonntag im Jahreskreis (27.9.2020) – Zum Evangelium Mt 21, 28-31
28Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg.
29Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn und er ging hin.
30Und der Vater ging zum zweiten Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr!, und ging nicht hin.
31Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan?
Sie antworteten: Der erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr.
Ich denke, viele Eltern – vor allem von pubertierenden Kindern :- ) – haben beim Lesen des heutigen Evangeliums sicher ähnliche Szenen aus ihrem Leben lebhaft vor Augen. Auf eine Aufforderung folgt als Reaktion ein mehr oder weniger heftig zum Ausdruck gebrachtes „Null Bock!“ oder auch ein schnell dahingesagtes „Ja, ja …“. Beiden Reaktionen liegt meist ein spontanes „Lass mich bloß in Ruhe“ zugrunde.
Und, wie beim ersten Sohn, folgt so manches Mal auf die spontane Verweigerung doch ein Einlenken. Denn da passiert etwas mit der/dem Angesprochenen. Das Bollwerk der Abwehrmechanismen bröckelt, je mehr ein Nachdenken einsetzt. Steht zunächst im Vordergrund, dass sich da Jemand anmaßt, über die Zeit und das Tun zu bestimmen (was einen inneren und verbalen Proteststurm auslöst!), gewinnt schließlich der Gedanke Überhand, gebraucht zu werden. Da benötigt Jemand meine Hilfe. Da traut mir Jemand zu, dass ich das leisten oder übernehmen kann. Das ist letztendlich dann sogar ein gutes Gefühl, das stärker ist als die spontane Unlust. Und so kommt es zum einsichtigen Einlenken. So vehement die erste Gegenreaktion war, nun überwiegt das Gefühl, dass es nun doch richtig ist, den gewünschten Beitrag zu leisten. So oder ähnlich habe ich dies jedenfalls bei unseren Kindern oft erlebt.
Bei dem dahingesagten „Ja, ja …“ liegt die Sache anders. Auch dies ist ein Abwehrmechanismus. Denn wer offiziell erst einmal zustimmt bzw. auf die Aufforderung/den Wunsch eingeht, erspart sich weiteres Drängen und Bitten und hat erst einmal seine Ruhe – und genau das ist es, was dann im Vordergrund steht, und nicht das Nachdenken über die Folgen dieser Reaktion für das Umfeld. Damit ist diese Reaktion deutlich egoistischer und gleichgültiger, denn der oder die Bittenden verlassen sich ja nun auf die angebliche Zusage und müssen dann enttäuscht feststellen, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes nur „schein-heilig“ war.
Diese schein-heilige Zusage verbinde ich in Gedanken auch mit der Frage nach der Verbindlichkeit. Im privaten wie im geschäftlichen Umfeld erhalten wir häufig schnell dahingesagte Zusagen: „Natürlich erledigen wir das für Sie!“ „Wir schicken einen Mitarbeiter.“ „Ich melde mich bei dir.“ „Wir rufen zurück.“ Diese Aufzählung ließe sich beliebig verlängern. Und – passieren tut nichts! Das ist nicht immer auf bösen Willen zurückzuführen. Oft steckt Überlastung dahinter, manchmal natürlich auch Gleichgültigkeit. Auch das klare NEIN Sagen fällt Vielen schwer. Für den/die Betroffene(n), die sich darauf verlassen haben, ist das alles Andere als schön. Aber auch das Wissen um eigene Unzuverlässigkeit hinterlässt – zumindest bei nicht ganz Gleichgültigen – ein ungutes Gefühl. Ich denke, sehr Viele kennen hier beide Seiten der Medaille.
In Mt 5, 37 sagt Jesus „Euer Ja sei ein Ja und euer Nein ein Nein! Alles, was darüber hinausgeht, stammt vom Bösen.“ Ganz einfach – eigentlich!
Maria Schmale