- Sonntag im Jahreskreis, 28.01.2018
Zum Evangelium nach Markus 1, 21 – 28
Eine lupenreine Schauergeschichte, könnte man meinen, wenn man den Text des Evangeliums liest. Ein Exorzismus, eine Dämonenaustreibung in Reinformat. Erschreckend wie ein Horrorfilm.
So soll es wohl auch sein. Aufrüttelnd und verstörend.
Haben Sie heute schon mal etwas anderes angeklickt als die Homepage von St. Maria Magdalena? Und wie viel Werbung ist Ihnen schon begegnet? Von welcher haben Sie sich beeindrucken lassen und sind dem Angebot an Information gefolgt? Solche Situationen kenne ich. Stundenlang surfen im Internet, zu allen möglichen Themen. Hinterher hat man Kreuzschmerzen und viereckige Augen, der Tag ist vorüber und das wirklich Wichtige übersichtlich.
Ich stelle mir einen Dämon nicht als Horrorwesen vor, nicht als Alien, das in einem Menschen wohnt und ihn von innen zerfrisst. Aber die Vorstellung, dass das Handeln und Denken nicht zielführend ist, verstehe ich. Man könnte das wohl als „unreinen Geist“ bezeichnen wie im Evangelium. Und natürlich kann man dann auch die Frage stellen, was wir mit diesem Jesus von Nazareth zu schaffen haben. Klar, man lebt, man feiert, auch ohne den unentwegten Gedanken an irgendein höheres Wesen. Das geht – und für viele geht das sehr gut. Sie brauchen keinen Heiland und schon gar keinen, der ihnen etwas erklärt.
Diesen, der mir etwas erklärt, den brauche ich schon. Immer wieder. Und selten dort, wo ich mit meinem Wissen gut aufgestellt bin. Sondern da, wo es existenziell wird, wo meine Weisheit an einer hohen Mauer endet.
Ein Mensch in meinem Umfeld, signifikant über achtzig Jahren, hat in den vergangenen Monaten enorm abgenommen. Nicht nur an Gewicht, sondern auch an Lebensmut. Dieser Mensch berichtet, dass er nachts laut geschrien habe: Komm und hol mich, ich will keine Schmerzen mehr. Spätestens hier ist meine Weisheit am Ende. Dann kann ich mich ablenken lassen durch ein vielfältiges Angebot auf dem Markt. Ich kann Zerstreuung suchen bei dem Dämon der vielfältigen Möglichkeiten. Aber das wird weder diesen Menschen retten noch mir helfen. Diesen „unreinen Geist“ kann ich nicht gebrauchen.
Was ich brauche und was auch der Mensch braucht, um den es mir geht, ist Hoffnung und Zuversicht. Trotz Lebensmüdigkeit und Schmerzen. Wir brauchen diese empörende Störung, die Platz macht für die entscheidende Botschaft: Da redet einer mit göttlicher Vollmacht. Und er redet von dem Leben, welches keinen Schmerz mehr kennt, keine durchlittenen Tage und Nächte. Auf dem Weg in Seinen Frieden kann und will ich den Menschen begleiten, solange es geht. Und ich wünsche allen, dass sie einen Begleiter finden, der bei ihnen ist, wenn es drauf ankommt. Das Schöne dabei ist: Gott muss ich nicht erst lange suchen. Er ist schon längst da – und bleibt.
Tim Wollenhaupt