Zum Evangelium Mt 22, 34-40 am Sonntag, dem 26.10.2014
Als ich mich mit dem heutigen Sonntagsevangelium beschäftigte, kam mir gleich eine Karikatur
von Gerhard Mester in den Sinn:
Der Betrachter steht hinter dem Pfarrer, der gerade von der
Aufforderung spricht, den Nächsten zu lieben wie sich selbst. Wir
blicken mit dem Pfarrer in die Gottesdienstgemeinde; in der vorderen
Bank sitzen nebeneinander ein Weißer und ein Schwarzer. Der Weiße starrt
verkniffen vor sich hin, während der Schwarze mit einem strahlenden
Lächeln auf seinen Nebenmann schaut.
In jungen Jahren habe ich dieses Evangelium vor allem so gehört, dass
ich Gott und meinen Nächsten lieben soll, und ich habe dieses
Liebesgebot eher auf der Gefühlsebene verstanden. Heute weiß ich, dass
ich meine Gefühle nicht willentlich beeinflussen und verantworten kann,
wohl aber mein Verhalten in Reaktion auf dieses Gefühl. Das hat mich
sowohl ent-lastet als auch (gedankliche und) Handlungsspielräume eröffnet.
Einen Aspekt dazu möchte ich für diesen Impuls herausgreifen: das
fürbittende Gebet.
So sehr, wie ich an die Kraft und die Macht von
(guten wie schlechten) Gedanken glaube, vertraue ich auch auf die Macht
der Fürbitte: Ich traue ihr ein hohes Potenzial für Veränderung zu, und
zwar auf unterschiedlichen Ebenen.
Besonders sinnvoll finde ich das Fürbittgebet in Situationen, wo ich
meine Ohnmacht spüre und erkenne, dass meine Handlungsmöglichkeiten
erschöpft sind. Ich denke z.B. an Menschen, zu denen ich – aus
verschiedenen Gründen – keinen konstruktiven, liebevollen persönlichen
Kontakt aufbauen kann. Hier kann mir das fürbittende Gebet sowohl
helfen, mich wahrzunehmen und zu erkennen mit meinen Gefühlen, meiner
aktuellen Befindlichkeit und meinen persönlichen Grenzen (ein wichtiges
Mittel zur Selbsterkenntnis!), als auch innerlich in einen guten Kontakt
zu dem Menschen zu treten, für den ich beten möchte. Gleichzeitig bin
ich in Beziehung mit Gott, und es entsteht eine Verbindung untereinander
zwischen mir, ihm und dem Nächsten.
Hilfreich kann es sein, auch andere Menschen zu bitten, für mein
Anliegen zu beten; das schafft eine noch innigere Verbindung. Und wenn
ich jemandem anbiete, in seinem Anliegen zu beten, dann kann es sein –
so meine persönliche Erfahrung -, dass dies alleine denjenigen nicht nur
entlastet, sondern auch verändert in dem Sinne, dass es eine neue
Perspektive schaffen oder einen neuen Weg öffnen kann.
Vielleicht probieren Sie es auch einfach mal?
Brigitte Meier
Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.