19. Mai 2019 – 5. Sonntag der Osterzeit
Zum Evangelium Joh. 13, 34-35
34 Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. 35 Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid; wenn ihr einander liebt.
Im heutigen Evangelium gibt uns Jesus den Auftrag: Liebt einander. Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.
Beim „Abschied nehmen“ betonen wir meist noch einmal ganz eindringlich das, was uns am Herzen liegt und was unbedingt noch gesagt werden muss. Unter dem Vorzeichen des Abschieds können wir eintauchen in die Szene des letzten Abendmahls, aus der das Evangelium genommen ist. Der heutigen Textstelle geht die Fußwaschung Jesu voraus.
Stellen wir uns vor: Jesus ist mit seinen Jüngern zusammen, alle spüren, dass dieser Abend ihr letzter gemeinsamer sein wird. Jesus wäscht ihnen die Füße. Er, der Gottessohn, macht sich klein, kniet sich vor jedem seiner Freunde nieder und übernimmt die Aufgabe des Dieners – Füße waschen. Petrus kann es gar nicht zulassen, dass sein Vorbild sich erniedrigt und einen solchen Dienst übernimmt. Nachdem Judas, der Verräter, gegangen ist, spricht Jesus sein Vermächtnis:
„Ein neues Gebot gebe ich euch; liebt einander. Als meine Jünger werdet ihr erkannt, wenn ihr einander liebt.“
Ein sehr hoher Anspruch, manchmal gar eine Zumutung, den Jesus da an seine Jünger beziehungsweise an uns stellt: Einander zu lieben.
Da ist der Nachbar, mit dem ich seit Jahren im Streit lebe.
Da ist der Chef, von dem ich mich kontrolliert und missachtet fühle.
Da ist die Kollegin, die offensichtlich boshaft über mich spricht.
Da ist die Schwester, die von den Eltern zu Lebzeiten bevorzugt wurde und jetzt mehr geerbt hat.
Unzählige „Streit-und Schwierigkeitsgeschichten“ aus unserem Leben ließen sich aufzählen. Mitten in diese Situation sagt Jesus: „Ein neues Gebot gebe ich euch – liebt einander, daran werdet ihr als meine Jünger erkannt.“
Wenn wir unter diesem Blickwinkel das Liebesgebot Jesu lesen, dann ist es immer noch eine Herausforderung an uns, aber wir dürfen uns als Lernende sehen. Als diejenigen, die gestärkt werden müssen, gerade wenn es schwer fällt zu lieben oder wir Gefahr laufen, selbst boshaft zu werden.
Zu lieben bedeutet, dass ich denjenigen, der mich verletzt, missachtet oder gekränkt hat, nicht gänzlich verurteile.
Worte , Blicke, Gaben, Zeichen, Empfindungen – Jesu Worte der Liebe können auf vielerlei Weise gelebt werden.
Der Segen sei mit uns, wenn wir das Gebot der Liebe in dieser neuen Woche bedenken, weitergeben und empfangen.
Zum Abschluß möchte ich Ihnen und euch ein Zitat von Meister Eckhart mitgeben:
Die wichtigste Stunde ist die Gegenwart, der bedeutendste Mensch der, der dir gerade gegenüber steht und das wichtigste Werk ist die Liebe.
Ulla Proyer