- Sonntag im Jahreskreis, 06.11.2016 Zum Evangelium nach Lukas 20, 27 – 38
„Und was passiert jetzt mit ihm?“ Der erste Tote, an den ich mich erinnern kann, war ein Onkel von mir. Er lebte in der Etage über uns und eines Morgens verstarb er plötzlich. Noch während ich an meiner Frühstücksknifte kaute, kam der Anruf aus dem Krankenhaus. Und meine Eltern standen nun vor dem Problem, nicht nur selbst mit dem Tod des Onkels fertig werden, sondern auch dem Sohn auf dem Weg zur Grundschule die Auferstehung zu erklären zu müssen.
Bis heute habe ich keine Vorstellung von dem, was nach dem Tod mit uns passieren wird. Und die, die Jesus die Frage im Evangelium des heutigen Sonntages stellen, haben sie ebenfalls nicht. Sie lehnen die Vorstellung sogar ab. Wie meine Eltern mir die Auferstehung zu erklären versuchten, versucht es Jesus bei den Sadduzäern auch. Alles, was wir als bekanntes Leben kennen, wirft er über Bord und räumt mit traditionellen Lebensvorstellungen auf. Das Leben bei und mit Gott sei sicher. Aber das Wie habe nichts mit dem Leben auf der Erde zu tun. Und darauf soll man sich jetzt vertrauensvoll freuen können?
Dieses Leben nach dem Tod, diese Auferstehung, geht über menschliche Vorstellungskraft hinaus, erklärt Jesus. Warum dann soll ein Mensch versuchen, Übermenschliches zu begreifen? Doch Jesus sagt den Menschen nicht einfach: „Glaubt, den Rest begreift Ihr ohnehin nicht.“ Im Gegenteil: er verweist auf einen Gott, der im Leben seit Ewigkeiten präsent ist. Das Bild des brennenden Dornbusches aus dem Alten Testament verweist auf das Gespräch Gottes mit Mose, in dem Mose Gott fragt, wer er sei. Und Gott antwortet kryptisch, in freier Übersetzung: „Ich bin. Ich bin für Dich da. Für immer.“ Eine Zusage, die vor dem eigenen Leben beginnt und über dieses Leben hinausgeht. Jesus lädt dazu ein, sich diese uralte Zusage anzueignen. Er nennt die Zeugen aus Jahrhunderten, die von Gottesbegegnungen berichteten und leitet daraus eine Existenz Gottes aus aller Zeit und für alle Zeit ab. Daraus folgt die Zusage: Gott ist mit Dir. Ob Du damit rechnest oder nicht. Eine Aussage, die für einen Grundschüler ein gewaltiger Brocken ist, an dem ich heute noch knabbere. Aber immerhin: Vertrauensvoll.
Ihnen wünsche ich immer wieder jemanden, der Ihnen sagt: Gott ist mit Dir. Er begleitet Dein Leben – auch über Dein Leben hinaus. Und ich wünsche Ihnen gerade das Erlebnis von unerwarteter Zuwendung, mit der man nie gerechnet hat, die man aber als Zeichen liebender Gegenwart empfinden kann.
Tim Wollenhaupt
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.