Taufe des Herrn, 07.01.2024
Zum Evangelium nach Markus 1, 7 – 11
7 Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. 8 Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.
9 Und es geschah in jenen Tagen, da kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen. 10 Und sogleich, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel aufriss und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. 11 Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.
Immer dann, wenn ich diese Passage lese, muss ich an einen Urlaub in Irland denken. Nicht, dass ich dort Zeuge einer Freilufttaufe geworden wäre. Aber dort sind ganz beeindruckende Lichtspiele am Himmel und am Boden sichtbar gewesen. Irlandkenner wissen von vierzig Grüntönen zu berichten, die man auf der „grünen Insel“ erblicken könne – aber das setzt nun mal nicht diesiges Wetter voraus, sondern klaren Sonnenschein. Wenn aber an einem diesigen Tag (wovon es in Irland eine immense Auswahl gibt) der Himmel ein wenig aufreißt und ein direkter Sonnenstrahl auf den Boden fällt, dann kann man schon auf den Gedanken kommen, Gott lenke seine Taschenlampe über die Erde. Stimmen hört man dann meist nicht. Wohl aber die natürlichen Laute von Schafen und Rindern. Doch beim Betrachten und Erleben dieses unplanbaren Schauspiels kann man als Mensch „Wohlgefallen“ am Geschehen haben.
Nun reißt im Evangeliumstext also der Himmel auf und eine Stimme ist vernehmbar, die ihr Wohlwollen an einem geliebten Sohn, der schon zum Mann gereift ist, ausdrückt. Wann erleben wir das heute noch? Das muss stärker sein als der Moment, in dem ein Landes- oder Bundesverdienstorden verliehen wird. Das muss stärker sein als der Applaus im Scheinwerferlicht nach einem Konzert oder einer Theateraufführung. Und das muss stärker sein als jedes Zeugnis und sei es noch so herausragend.
Obwohl ich alle diese Situationen kenne, komme ich an ein eigenes Erleben dessen, was die Bibel beschreibt, immer nur in Teilbereichen heran. Wen wundert das, wenn das Beschriebene doch göttlich sein muss, also überirdisch. Und was für eine Bestärkung soll damit für das Wirken Jesu unter den Menschen ausgedrückt werden. So etwas wie „das, was du auf Erden tust, tust du in meinem Auftrag, mit meinem Segen und du tust es gut.“
Immer dann, wenn ich über eine Taufe nachdenke, sehe ich die Menschen, die in St. Maria Magdalena eine Ganzkörpertaufe erfahren. Noch nie riss die Decke der Kirche auf, aber ganz oft hat ein Chor direkt nach dem Auftauchen aus dem Wasser ein kraftvolles „Halleluja“ intoniert. Stets wird den Getauften in der Salbung mit Chrisam zugesagt „Du gehörst jetzt für immer zu Christus…“ Du bist, egal, wie alt du bist, jetzt schon dem Messias ähnlich und im Geist hören wir Gottes Zusage immer wieder neu: Du bist mein geliebtes Kind.
Viele, die eine Kirche betreten, bekreuzigen sich mit Weihwasser. Wenn sie das in St. Maria Magdalena tun, nutzen sie nicht ohne Grund den ehemaligen Taufstein der Kirche. Aus der rituellen Erinnerung an die Taufe wünschte ich mir manchmal eine ganz bewusste Pause. Kein Bekreuzigen im Vorübergehen im Gedanken an den Sitzplatz in der Kirche oder das Tagesprogramm beim Verlassen der Kirche, sondern einen Moment der Stille, in dem ein Geistesstrahl in meine Seele leuchtet, der mir in Erinnerung ruft, dass ich geliebt bin, einen Platz habe und wirken soll.
Vielleicht ist Hektik und Ablenkung der eigentliche Gegner Gottes. Vielleicht geht in der angefeuchteten Fingerspitze und dem raschen Kreuzzeichen unter, wofür es eigentlich steht.
Und vielleicht ist es deshalb so wichtig, sich das alles noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Die Teilnahme an einem Taufgottesdienst ist dabei hilfreich, aber eventuell reicht es schon, einfach eine Sekunde stehen zu bleiben und die Augen zu schließen, wenn der Wassertropfen die eigene Stirn berührt. Es könnte mehr sein als Wasser auf der Haut. Es könnte ein wahrnehmbarer Gruß aus dem Himmel sein, der sagt, dass Gott wohlwollend bei denen ist, die sich an ihre Taufe erinnern.
Und wenn dieser Gruß aus dem Himmel vor dem geistigen Auge in vierzig Grüntönen erstrahlt, kann das nicht schaden.
Tim Wollenhaupt