Zum Evangelium (Lk 21,25-29.34-36) vom 1. Adventssonntag am 28. November 2021
Ist das heutige Evangelium Katastrophenalarm oder doch eine gute Nachricht?
Da ist die Rede von „Zeichen an Sonne, Mond und Sternen“ sowie von Bestürzung und Ratlosigkeit der Völker. Und: „die Menschen werden vor Angst vergehen in Erwartung der Dinge, die über den Erdkreis kommen“. (vgl. Lk 21,25f)
Jesus spricht in apokalyptischen Bildern seiner Zeit, die auch uns gegenwärtig recht vertraut sind in Zeiten von Pandemie und Klimakatastrophen … Manche Ereignisse in Gesellschaft und Kirche und die Spannungen zwischen den Völkern sind ebenso Grund für Angst und Bestürzung.
In dieser Situation will Jesus seinen Jüngerinnen und Jüngern – und uns allen – die Augen dafür öffnen, dass am Ende Gottes Reich kommt – und nicht der Weltuntergang. Jesus ermutigt uns, nicht nur darauf zu schauen, was vergeht, sondern zuversichtlich und vertrauensvoll zu erwarten, was kommt: „Wenn dies beginnt, dann richtet euch auf und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe!“ (Lk 21,28)
Mit dieser Botschaft will Jesus unsere „Herzen stärken“, wie es in der neutestamentlichen Lesung heißt
(1 Thess 3,13: „… damit eure Herzen gestärkt werden…“). Damit wir der Angst und Bestürzung in der gegenwärtigen Situation etwas entgegensetzen können und den Mut finden, auf Christus und seine Botschaft neu zu vertrauen und zu hoffen.
Der hebräische Ausdruck für Mut heißt „ometz lev“ – „Stärke des Herzens“ (habe ich bei Christina Brudereck gelesen). Darum möchte ich beten, darauf möchte ich bauen und vertrauen. Und so wach sein für die Zeichen der Zeit – gerade jetzt im Advent.
Dazu ermutigt auch der tschechische Theologe, Soziologe und Pfarrer Tomáš Halík. Die leeren und geschlossenen Kirchen in der Pandemie versteht er als ein prophetisches Warnzeichen: „So könnte es bald mit der Kirche enden, falls sie nicht eine tiefe Verwandlung, einen Tod und eine Auferstehung durchläuft. Auch im Christentum muss etwas sterben, damit es in einer neuen Form auferstehen kann. Und diese neue Form wird bereits geboren, und wir können Zeugen dieser Geburt sein und aktiv daran teilnehmen.“ (in: Die Zeit der leeren Kirchen – Von der Krise zur Vertiefung des Glaubens, Herder Verlag 2021)
Mir helfen diese Gedanken, mich für die Botschaft dieses Adventssonntages und die Zeichen der Zeit in diesem Jahr 2021 neu zu öffnen. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am „Synodalen Weg“ sprechen bereits miteinander, wie sie die Zeichen der Zeit wahrnehmen und was in der katholischen Kirche sterben muss, damit es in neuer Form auferstehen kann. Sie schauen auf das, was bereits neu entsteht, wo sich Wege auftun und bereits etwas vom verheißenen Reich Gottes aufleuchtet, das mit Jesu Geburt in Betlehem begonnen hat.
Dazu lädt uns alle das heutige Evangelium ein. Davon möchte auch ich gerne etwas entdecken, darauf möchte auch ich gerne schauen. Darüber lohnt es miteinander zu sprechen … damit auch unsere Herzen gestärkt werden.
Burkhard Schönwälder
(ausgehend von einem Impuls im aktuellen TE DEUM im November 2021)