- Sonntag im Jahreskreis, 18.11.2018
Zum Evangelium nach Markus 13, 24 – 32
Das Evangelium wird gerne auch als „frohe Botschaft“ bezeichnet. Der Gedanke will sich beim heutigen Evangelium auf den ersten Blick aber so gar nicht einstellen. Man denkt viel eher an das ultimative Weltenende, der Einzug des Herrn in seine Welt ist kein Akt der überbordenden Liebe, es herrscht kein Frieden, sondern Zerstörung, abgemildert durch den Auszug der Erwählten.
Streng am Text interpretiert könnte man sagen: Jesus hat offenbar ein etwas gestörtes Verhältnis zur Zeit. „Amen, ich sage euch: Diese Generation wird nicht vergehen, bis das alles eintrifft.“ Demzufolge hätte die Erlösung der Welt – oder das Verstoßen des nicht auserwählten Teils – schon vor Jahrtausenden stattfinden müssen. Stattdessen beten wir noch heute darum, dass wir demütig das Kommen des Erlösers erwarten.
Dass der Schöpfer des Lebens nicht auf die Uhr sieht und auch kaum einen Kalender auf dem Schreibtisch liegen haben wird, ist ein schwaches Argument. Er braucht davon schlicht nichts. Als Schöpfer verfügt er frei über die Schöpfung und darum „kennt niemand“ den Moment, „nicht die Engel im Himmel, nicht einmal der Sohn, sondern nur der Vater.“
Man kann daran verzweifeln. Man kann mit Blick auf die Katastrophen dieser Welt sagen, dass es doch nun genug sei mit dem Leiden, so ein reinigendes und endgültiges Gewitter wäre doch angezeigt und dann hätte man wenigstens Gewissheit, ob man zu den Auserwählten zählt oder eben untergeht. Worte aus dem Märchen der Bremer Stadtmusikanten liegen heute viel zu ernsthaft auf den lebendigen Zungen von Flüchtenden in aller Welt: „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall!“
Und doch finde ich eine tröstliche Zeile in dem ganzen Szenario: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen.“ Nehmen wir Jesus beim Wort. Dieses Wort gebietet Liebe. Liebe zu Gott, liebe zu sich selbst und Liebe zum Nächsten. Nicht, um durch ein liebevolles Miteinander als Belohnung zu den Auserwählten zu gehören, sondern als Antwort auf die unfassbare Liebe Gottes. Eines Gottes, der durch Jesus an anderer Stelle Sicherheit vermittelt: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass diese Frucht bleibt“ (Joh 15, 16).
Wenn wir nun schon nicht wissen, wann das Ende der Welt gekommen ist, haben wir wenigstens etwas Sinnvolles zu tun. Mit aller Zeit der Welt. Wenn Sie nach meiner Erfahrung fragen, was dabei herauskommt, wenn man der Menschheit liebevoll begegnet: Es fühlt sich an wie der Himmel auf Erden.
Ihnen eine gesegnete Zeit.
Tim Wollenhaupt