Zum Evangelium Mt 16, 21-27 am Sonntag, dem 3. September 2017
Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.
Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen.
Parteien verpflichten oft Werbestrategen, um neue Mitglieder zu gewinnen. Ähnliches unternehmen auch Konzerne, um ihre Produkte zu verkaufen. Und alles ist billig und gut. Sie präsentieren sich von der besten Seite. Auch manche religiöse Gruppen und Sekten werben oft um Menschen, denen sie schnelle Lösungen für ihre Probleme versprechen. Vor diesem Hintergrund kommen uns wahrscheinlich die Worte, mit denen es Jesus zitiert, wie die reinste Abschreckung, die reinste Antiwerbung vor.
„Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ Und: „Wer mein Leben um meinetwillen verliert, wird es gewinnen!“
Wer soll denn da überhaupt noch Lust bekommen auf Christ-sein? Das ist doch ganz und gar entgegengesetzt zu dem, was in unserer heutigen Zeit gelebt wird.
„Kreuz auf sich nehmen. Verlieren.“ Wen spricht denn so etwas an?
Wer wird sich denn darauf einlassen wollen? Wozu könnte uns denn das Wort vom Kreuztragen, oder vom „sich selbst verlieren“ motivieren? Es heißt nicht: Nimm Jesu Kreuz auf dich. Es kann doch nicht heißen, dass wir dieses Folterinstrument auf uns nehmen sollen, wie frühere Generationen dieses Wort bei Matthäus gedeutet haben. Da wurde nach einem asketischen Ideal gestrebt. Erfolg und stolz sein auf Erreichtes und Freude am persönlichen Glück wurden kritisch beäugt. Die Welt wollte man hinter sich lassen.
Mit einer solchen Haltung, die fast als lebensfeindlich anzusehen ist, kann ich sehr schwer etwas anfangen. „Die Christen müssten mir erlöster aussehen“, so hat dann ja auch einer treffend die Christen seiner Zeit kritisiert. Ich glaube, das heutige Evangelium sagt etwas anderes. Wir könnten es so formulieren: Lebe, lebe im Hier und Jetzt. Versuche verantwortlich zu leben und das zu tun, was Du vor Dir und Deinem Glauben verantworten kannst.
Nimm die Dinge in die Hand. Begib dich auf den Weg, einen Weg, auf dem es schöne Erlebnisse und Begegnungen gibt; genauso aber auch Unangenehmes, Dinge, vor denen du dich am liebsten drücken möchtest. Es kommt also darauf an, dass ich da, wo ich lebe, handle, also mit den Worten des Evangeliums „mein Kreuz aufnehme“, tätig bin und nicht nur zuschaue oder die Dinge an mir vorbei laufen lasse oder sie erleide: Nicht Opfer, sondern Handelnder sein. Nachfolgen, mein Kreuz aufnehmen, sich verlieren, loslassen. Als Werbetext vielleicht nicht so gut geeignet, aber als Herausforderung und Wort, das uns aufrüttelt.
Für jede und jeden von uns ist etwas anderes dran. Auf jeden Fall heißt es für uns: immer wieder zu suchen und neu zu fragen, sich in Frage stellen zu lassen.
Und wir können froh sein, dass der Felsenmensch Petrus dieses Wort auch nicht gleich kapiert hat, ja im Gegenteil, dass er sich ganz schön schwer getan hat mit diesem Jesus und seinen Worten.
Da mag er uns wirklich ein Vorbild sein.
Josef Winkler