Zum Evangelium Mt 21, 28-32 am 26. Sonntag im Jahreskreis – 1.10.2017
28 Was meint ihr? Ein Mann hatte zwei Söhne. Er ging zum ersten und sagte: Mein Sohn, geh und arbeite heute im Weinberg!
29 Er antwortete: Ja, Herr!, ging aber nicht.
30 Da wandte er sich an den zweiten Sohn und sagte zu ihm dasselbe. Dieser antwortete: Ich will nicht. Später aber reute es ihn und er ging doch.
31 Wer von den beiden hat den Willen seines Vaters erfüllt? Sie antworteten: Der zweite. Da sagte Jesus zu ihnen: Amen, das sage ich euch: Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr.
32 Denn Johannes ist gekommen, um euch den Weg der Gerechtigkeit zu zeigen, und ihr habt ihm nicht geglaubt; aber die Zöllner und die Dirnen haben ihm geglaubt. Ihr habt es gesehen und doch habt ihr nicht bereut und ihm nicht geglaubt.
Dieses Evangelium ist kurz und knapp.
Es ist Teil einer ganzen Reihe von Gleichnissen,
mit deren Hilfe Jesus seinen Zuhörern
vom Reich Gottes erzählte
und es ihnen nahe brachte.
Zahlreiche Gleichnisse entstammen
einer heute nicht mehr vorliegenden Quelle mit Sprüchen Jesu,
die auch Lukas in sein Evangelium einbaute.
Dieses Gleichnis aber von den ungleichen Söhnen
kommt nur bei Matthäus vor
und gehört daher zum Sondergut des Matthäus.
Der Kontext dieses Evangeliums
ist in Jesu Auseinandersetzung mit der Oberschicht zu verorten.
Interessant ist das Gleichnis schon deshalb,
weil es in der Einheitsübersetzung
entgegen der Übersetzung Luthers und dem griechischen Urtext
die Reihenfolge der Söhne vertauscht,
die den Auftrag des Vaters ablehnen.
Während es im Urtext der erste Sohn ist, der ablehnt,
ist es in der Einheitsübersetzung der zweite Sohn!
Ist das ein wichtiges Detail
oder soll der Spannungsbogen des Gleichnisses angepasst werden?!
Nun, der erste Sohn in der Einheitsübersetzung ist auf den ersten Blick vorbildlich.
Auf den zweiten Blick ist uns die Antwort
auf die Aufforderung, im Weinberg zu arbeiten,
hinlänglich bekannt: Ja, ja…!
Was wir oft damit meinen, steht auf einem anderen Blatt.
Der zweite Sohn der Einheitsübersetzung ist da schon ehrlicher:
Nein! Kein Bock!
Nun, aus welcher Perspektive ich auch immer auf diese Antwort blicke,
ob sie mich als Beobachter, Vater, als Sohn oder Übersetzer
verärgert, enttäuscht oder zum Fremdschämen anstiftet,
sie ist ehrlich!
Und bietet Potential zur Umkehr!
Auch wenn der Vater von beiden Söhnen auf unterschiedliche Weise enttäuscht wird.
Dein Ja, sei ein JA, dein Nein sei ein NEIN, sagt Jesus in der Bergpredigt.
Nun sind die Gleichnisse Jesu immer Gleichnisse auf das Reich Gottes hin,
d.h. wir müssen i.d.R. nur für den Vater und die Söhne
entsprechende Rollen einsetzen.
Der Vater steht in der Regel für Gott selbst.
Und die Söhne?
Jesus stößt mit seiner Botschaft auf Zustimmung und auf Ablehnung.
Die Jünger sind ihm zugewandt und antworten auf die Frage,
ob sie sich voll und ganz zu SEINER Botschaft bekennen
und auch danach handeln wollten,
mit einem entschiedenen: Ja, ja!
Im Kontext des Gleichnisses ist mit dem ersten Sohn
wohl die Priester- und Oberschicht und die gelehrte Mittelschicht
direkt angesprochen, Sadduzäer und Teile der Pharisäer,
die sich zu Gottes Gesetz bekennen,
aber aus der Sicht Jesu ihren „Job im Weinberg“ nicht tun.
Insofern ist es aus einer kirchlichen Innensicht durchaus interessant, IHM besonders genau zuzuhören!
Es dürfen sich aber auch die Jünger angesprochen fühlen
und diejenigen, die sich zu IHM bekennen.
Auch sie stehen womöglich für den ersten Sohn der Einheitsübersetzung;
also könnten auch wir selbst der erste Sohn sein.
Mit der Umsetzung des JA! tun wir alle uns offenbar sehr schwer,
denn Jesus wird seinen Jüngern gegenüber sehr deutlich:
„Zöllner und Dirnen gelangen eher in das Reich Gottes als ihr!“
Noch Fragen?
Der zweite Sohn steht für wen?
Vielleicht für all diejenigen zuvor genannten,
die ihr „Ja, JA!“ oder auch das „Nein!“ bereuen.
Für diejenigen, die ihre Fehler einsehen und umkehren.
Diejenigen, die ihren Nächsten verzeihen
und ihnen damit eine Umkehr erleichtern.
Für diejenigen, die selbstkritisch mit sich selbst umgehen
und gegenüber IHM
und ihren Mitmenschen eingestehen,
wenn sie einen (noch so großen) Fehler begangen haben.
Für diejenigen, die einfach
tun!
Egal ob erster oder zweiter Sohn?!
Ob evangelisch oder katholisch?!
Mit SEINER Zusage können wir IHM vertrauen,
umkehren,
einfach anpacken
und SEIN Reich bauen!
…wie im Himmel so auf Erden!
Thomas Schlott