Zum Evangelium Lk 24, 13-35 (Emmaus) am Sonntag, dem 30.4.2017
Wie vielen Menschen begegnen wir Tag für Tag?
Wir verbringen mit ihnen Zeit und sprechen mit ihnen.
Weitere kommen hinzu.
Und plötzlich ist da eine oder einer
mit der Begabung uns mit Worten und Gesten so zu beeindrucken,
dass uns das Herz in der Brust brennt,
dass uns warm ums Herz wird.
Ganz so, wie es dem Kleopas geschieht auf dem Weg mit…
mit wem eigentlich?
Einer der Jünger ist es wohl.
Ein Mann oder eine Frau?
Es steht nicht in Lukas Evangelium.
Interpretationsfreiheit?
Vielleicht kann ich mich einfach selbst einsetzen in dieses Evangelium?!
Ich gehe einfach ein Stück mit!
Wir reden über dies und das.
Über Gott und die Welt.
Wir lecken vielleicht unsere Wunden, über das, was uns
oder anderen wiederfahren ist.
Ganz fromm über den Tod des Herrn,
den wir so bewundert haben,
und dessen Dahingehen uns so
enttäuscht,
verängstigt
und desillusioniert hat.
Ganz persönlich über das,
was uns bedrückt,
die Krankheit in uns oder uns nahen Menschen.
Die Sorge über unsere Zukunft,
unsere finanzielle, soziale, physische oder psychische Existenz,
die Prüfungen, die vor uns liegen.
Die Enttäuschung über andere Menschen,
die wir anders eingeschätzt hatten
und die so anders sind, als wir dachten.
Den Krieg und die Flucht und die Verachtung der anderen.
Und plötzlich tritt einer hinzu und fragt:
„Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?“
…und hört uns zu.
…und wir hören uns zu.
Wir erweitern die Runde.
Wir sind auf dem Weg mit dem Kleopas.
Eine Weggemeinschaft mit vielen anderen
Jüngerinnen und Jüngern des Herrn.
Eine Gemeinschaft auf dem Weg.
Wir reden miteinander,
manches Mal auch übereinander.
Wir feiern zusammen,
manchmal tun wir auch nur so.
Wir streiten uns über die Zukunft
und wie es denn weitergehen soll.
Wir reden über die Enttäuschung
über einen Teil derjenigen, die mit uns gehen.
Wir blicken voll Trauer und Scham zurück in eine Zeit,
in der zum Beispiel vor 500 Jahren ein Mönch aufbegehrte,
weil die Botschaft so missbraucht wurde
oder vor wenigen Jahren ein Bischof Dienst und Eitelkeit verwechselte.
…und blicken so wenig auf uns selbst dabei!
Wir erinnern uns an schöne Zeiten…
Eckpunkte und Marken in unserem Leben…
…auf unserem gemeinsamen Weg!
Wir haben so viel zu bereden!
Und plötzlich tritt einer hinzu und fragt:
„Was sind das für Dinge, über die ihr auf eurem Weg miteinander redet?“
Vielleicht wundert er sich sehr über das,
was wir bereden.
Unsere Gemeinschaft geht noch ein Stück.
An einem Ort kommen wir zusammen
und stellen ein Zelt auf,
um dort zu essen
und zu trinken
und um uns auszuruhen.
„Begreift ihr denn nicht? Wie schwer fällt es euch, alles zu glauben?“
Er nimmt das Brot,
spricht den Lobpreis,
bricht das Brot
und gibt es uns!
Da gehen uns die Augen auf,
und wir erkennen ihn.
So feiern wir jeden Sonntag.
Und so wünschte ich,
gingen uns jeden Sonntag die Augen auf.
In den liturgischen Zeichen
und den Sakramenten soll das geschehen,
was den beiden in Emmaus geschehen ist.
Wenn das Wasser über einem Täufling zusammenschlägt.
Und es sich wieder öffnet
und ein neuer Mensch herausgezogen wird aus der Taufe.
Wenn das Brot gebrochen wird
und uns zusammen mit einem Schluck Wein
zum Essen
und Trinken ausgeteilt wird.
Und er einfach da ist.
Zum allerersten Mal,
weil wir die Erstkommunion feiern
oder wenn es auf der ganzen Welt geschieht,
wenn die Jüngerinnen und Jünger des Weges zusammenkommen,
um sich zu erzählen
und sich gegenseitig und IHM zuzuhören,
sich zu stützen
oder um Ruhe zu finden,
vor all dem,
was sie und uns täglich
oder wöchentlich,
durch das Jahr
oder auch durch ihr und unser ganzes Leben
begleitet.
Er nimmt das Brot,
spricht den Lobpreis,
bricht das Brot
und gibt es uns!
Da gehen uns die Augen auf,
und wir erkennen ihn.
Ein ganzes Leben lang
darf uns warm ums Herz werden.
Emmaus ist wahrscheinlich abgleitet
vom Hebräischen המם [hamam]
und bedeutet: „warm werden“
Thomas Schlott