- Sonntag der österlichen Bereitungszeit – Zum Evangelium Joh 9, 1-41
Das heutige Evangelium lässt es sich unterschiedlich interpretieren.
Paulus konzentriert sich in der heutigen zweiten Lesung (Eph 5, 8-14)
auf den ersten kurzen Teil des Evangeliums –
auf die eigentliche Wundergeschichte!
Jesus heilt einen von Geburt an blinden Mann.
Jesus, der Christus, hat die Vollmacht ihm das Augenlicht zu geben.
Er richtet diesen Mann auf, indem das Wirken Gottes an ihm offenbar wird.
Das zu hören und zu sehen reicht eigentlich schon aus.
Paulus aber, geht weiter.
Wie Jesus in der Vorrede dieses Evangeliums,
geht auch er auf den metaphorischen Aspekt dieses Evangeliums ein.
Jesus ist das Licht der Welt.
Das Licht von Ostern, das sich in der dunklen Halle
unserer Welt, unserer Herzen und unserer Kirche ausbreitet.
Und Jesus selbst öffnet uns, wie dem Blinden, die Augen!
Er macht sie offen und empfänglich für ein SEIN neues Licht.
Er justiert unsere Rezeptoren neu.
Ich bin das Licht der Welt! Seid erfüllt davon!
Nehmt diese Botschaft in euch auf
und seid selbst ein Licht für die, die in der Finsternis sind.
Finsternis der Unkenntnis Gottes,
Finsternis der Armut,
Finsternis der Angst und Sorge,
Finsternis der Hoffnungslosigkeit,
Finsternis des Hasses und der Sünde,
Finsternis des Todes.
Seid allen in der Finsternis ein Licht. Macht sie hell!
Öffnet ihnen die Augen.
Sagt weiter! Glaubt!
Teilt!
Nehmt in den Arm!
Gebt Hoffnung!
Seid voller Liebe und Vergebung!
Richtet euch auf!
Im zweiten Teil des Evangeliums richtet sich der Blick
auf mich,
auf uns,
auf die Kirche,
auf diejenigen, die sich für die Sehenden halten.
Wie sehend sind wir eigentlich?
Darf man am Sabbat einen Blinden heilen,
obwohl das Gesetz die Arbeit am Sabbat untersagt?!
Darf eine Frau Diakonin sein,
obwohl es in der katholischen Kirche anders tradiert ist?!
Darf ein Priester verheiratet sein,
obwohl es doch gegen den Zölibat verstößt
oder stellt sich die Frage gar nicht?!
Warum heißt es viri probati,
obwohl es doch ganz viele bewährte Frauen in der Kirche gibt
oder was sagt das Kirchenrecht dazu?!
Darf ein Wiederverheirateter oder eine Wiederverheiratete die Kommunion empfangen,
obwohl das Kirchenrecht so eindeutig ist?!
Dürfen katholische und evangelische Christen gemeinsam das Abendmahl feiern,
obwohl es den eindeutigen Unterschied im Verständnis des Zeichens gibt?!
Diese Fragen beschäftigten kürzlich so oder ähnlich die Deutsche Bischofskonferenz, die Kirche in Rom und das kirchliche Lehramt.
Zurück zum Evangelium.
In der Aufarbeitung der Wunderheilung durch das jüdische Establishment
greift Johannes ein Thema auf,
das auch in der Bergpredigt zu finden ist.
Auf den ersten Blick soll am Gesetz nicht gerüttelt werden!
Kein Jota, kein i-Punkt, soll geändert werden!
Wir sollen gerechter als Gott selbst sein!
Schluss, aus, basta!
Auf den zweiten Blick erkennt man den doppelten Boden!
Gerechter als Gott sein?
Wir?
Das ist doch Ironie!
Gerechter als Gott sein?
Diese Haltung ist die Selbstgerechtigkeit der vermeintlich Sehenden!
Selbstgerechtigkeit der Vorsteher in den Synagogen?
Derjenigen, die über andere richten!?
Es geht um die Gottes Gnade, die uns ein Vorbild sein muss.
Um Gott, der uns aufrichtet!
Ein Vorbild, wenn wir versuchen ein Licht für andere zu sein.
Gnade vor Recht walten lassen!
Pragmatisch im Dienste der Menschen sein!
Andere aufrichten!
Aufrichtig sein!
Ich kann und möchte keine Antworten auf jene Fragen geben,
die ich oben gestellt habe.
Es gibt noch so viele andere Fragen!
Ich lasse sie einfach stehen.
Vielleicht gibt uns der Blinde,
der durch Christus sehend wurde,
die Antworten darauf!?
Wir müssen nur genau hinsehen!
Thomas Schlott
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.