- Fastensonntag, 22.02.2015
Zum Evangelium nach Matthäus 4, 1-11
Darauf ließ der Teufel von ihm ab, und es kamen Engel und dienten ihm.
Vierzig Tage in der Wüste ohne Nahrung. Wir würden es nicht überleben und ganz sicher ist es nur ein Bild dafür, um deutlich zu machen, wie bereit ein normaler Mensch für alle Verlockungen ist. Und das, was hier als Teufel bezeichnet wird, ist das, was wir alle gut kennen: Das Stück Schokolade, obwohl man eigentlich abnehmen wollte, das lästernde Gespräch über einen nicht Anwesenden, obwohl man eigentlich nicht schlecht über ihn reden wollte. Die übertriebene Drohung, die man besser runtergeschluckt hätte, die uns aber scheinbar vorübergehende Erleichterung verschaffen sollte.
Der Teufel im Evangelium reicht Jesus alles Erstrebenswerte an: Herrschaft über die Erde, Allmacht und höchste Achtung. All das hat die Menschheit beflügelt und der Evangelist greift auf diese Erfahrung zurück. Der paradiesische Mensch ist der Versuchung erlegen gewesen. Das Volk Gottes hat sich – ebenfalls in einer Wüste – von Gott abgewandt und Götzen angebetet. Im übertragenen Sinne wird uns Menschen hier der Spiegel vorgehalten. Es gibt so viel, was wir im Alltag höher schätzen als Gott oder ein göttliches Gebot. Es ist so leicht, dagegen zu verstoßen. Und wir sehen die Folgen davon im Regelfall überhaupt nicht oder erst sehr viel später. Häufig genug zu spät und bestenfalls gestehen wir uns ein, Fehler begangen zu haben.
In der Fastenzeit geht es nicht um eine Diät. Es geht nicht um Verzicht auf Internet, Fernsehen oder sonst übliche Süßigkeiten. Es ist vielmehr eine Einladung, sich bewusst zu machen, wie sehr unser Alltag das Gegenteil des Gottesdienstes ist. Es ist eine Zeit des Nachdenkens auf Ostern zu. Wer sich bewusst macht, dass sich Jesus hingibt „zur Vergebung der Sünden“, kann die Dimension ermessen.
Nun verlangt das Evangelium nicht, die Zeit zurück zu drehen und den Versuch zu unternehmen, alle Fehler wieder gut zu machen. Die Vergangenheit spielt weder im Text noch im Sinn eine Rolle. Es ist vielmehr die eigene Ausrichtung auf die Zukunft. Mit dem Bekenntnis des Glaubens gebe ich den entscheidenden Anstoß für meinen nächsten Moment. Der Evangelist beschreibt die Konsequenz daraus so, dass Jesus von Engeln bedient wird. Wir können darauf vertrauen, dass Gott uns annimmt. Dass wir über die Grenze des eigenen Lebens und des eigenen Denkens unbedingt geliebt werden. Wenn wir wieder einer Verlockung gegenüberstehen: Ist ein liebender Gedanke nicht auch möglich? Und wie viel süßer als Schokolade wird die Antwort sein?
Die Kraft für den Weg durch Ihre Wüste in der Hoffnung auf Gottes Liebe möchte ich Ihnen heute wünschen
Tim Wollenhaupt
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.