Zum Evangelium Joh 1,1-18 am Sonntag, dem 4.1.2015
Wer Weihnachten verstehen will, findet im Prolog des Johannesevangeliums eine literarisch dicht
gestaltete Einführung in den Sinn der Menschwerdung Christi.
Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott. Im Anfang war
es bei Gott. Alles ist durch das Wort geworden und ohne das Wort wurde nichts, was
geworden ist.
Der auf den ersten Blick wenig weihnachtliche Beginn des Johannesevangeliums ist theologische
Reflexion, Gebet und Glaubensbekenntnis zugleich. Deshalb ist er für mich der literarisch schönste
Text des gesamten Neuen Testaments.
Aber er ist auch sperrig, spricht doch der Evangelist in Bildern und Metaphern, die zu verstehen
nicht ganz einfach ist. Der „Logos“ etwa, von dem der Evangelist hier spricht, beinhaltet mehr als
das deutsche „Wort“ – Johannes nimmt das Schöpfungsmotiv der Genesis auf und bezieht es nun
auf Christus, durch den alles geschaffen ist. In der griechischen Philosophie bedeutet „Logos“ aber
auch „Weisheit“, „Wissen“, „Lehre“, „Sinn“ oder „Verstand“ – Johannes weist Christus damit eine
umfassende Bedeutung als Sohn Gottes zu.
Leichter erschließt sich das Bild vom Licht, mit dem Johannes schon in den ersten Sätzen seines
Evangeliums zum Wesentlichen kommt – er ist das Licht der Welt, das Heil für uns Menschen.
Christus ist als Sohn Gottes Mensch geworden. DAS ist die zentrale Botschaft von Weihnachten –
ganz ohne Ausschmückung nimmt der Evangelist hier den Kern der Botschaft Christi in den Blick.
Aber er verschweigt auch nicht die bittere Realität des Wirkens Jesu –
„aber die Welt erkannte ihn nicht. Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn
nicht auf.“
Diese Aussage über die Welt stellt den Beginn seines Wirkens unmittelbar in den Kontext von
Ostern – Jesu Botschaft und seine Menschwerdung sind nicht zu verstehen, ohne sein Leiden und
seinen Tod mit in den Blick zu nehmen – das Kind in der Krippe ist nicht zu haben ohne den
Christus am Kreuz. Johannes‘ Botschaft bleibt dennoch Evangelium, frohe Botschaft: Christus ist in
die Welt gekommen und hat die Menschen, die an ihn glauben – also uns als seine Gemeinde –, zu
„Kindern Gottes“ gemacht.
In den Unfrieden in unserer Welt und in unserem eigenen Leben spricht das Evangelium des
Johannes eine einfache Wahrheit:
Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir haben seine
Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und
Wahrheit.
Martin Hessbrüggen
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.