Zum Evangelium nach Matthäus 13, 1-23 am 15. Sonntag im Jahreskreis, 27.07.2014
Auf guten Boden ist der Samen bei dem gesät, der das Wort hört und es auch versteht; er bringt dann Frucht, hundertfach oder sechzigfach oder dreißigfach.
Vorgarten, Garten hinter dem Haus, Balkon, Schrebergarten. Das sind die Pflanzgebiete der meisten Menschen in unserer Stadt. Obwohl es auch bei uns Felder gibt. Felder allerdings, die nur noch von wenigen Menschen betreten und mit landwirtschaftlichen Spezialmaschinen abgeerntet werden.
Säen und ernten wird für die Menschen der Zeit Jesu viel handgreiflicher gewesen sein als es das heute ist. Und doch können wir uns mit dem Beispiel aus der Landwirtschaft noch immer etwas vorstellen. Manche Sprichwörter bauen noch heute darauf auf. Wenn jemandem „die Ernte verhagelt“ ist, wissen wir, dass er einen wirtschaftlichen Tiefpunkt erreicht hat.
Nun gibt es Kirchen, die zwar noch groß und prächtig in der Gegend stehen, aber die Zahl der sich in ihr versammelnden Gläubigen ist sehr überschaubar. Ist hier nun Gottes Ernte verhagelt? Oder ist dort reiche Ernte anzunehmen, wo die Menschen in eine Kirche strömen? Wohl beides nicht. Es braucht keine Hundertschaft an Gläubigen, damit die Botschaft eines liebenden Gottes lebt. Das ist hilfreich, aber nicht Bedingung. Und wo die Gemeinde klein ist, gilt trotzdem die Zusage „wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“.
Entscheidend ist nicht, wie viele Menschen sich versammeln. Entscheidend ist nicht, ob sie in einer Kirche sitzen, knien, stehen, ob sie still sind oder singen. Entscheidend ist gewiss auch nicht, ob sie einen feinen Anzug tragen oder Kleidung mit deutlichen Gebrauchsspuren. Was das Evangelium uns nahelegt, ist die Frage, ob ich ganz persönlich ein Acker bin, in dem das Wort Gottes Frucht bringt. Man kann die Liebe im (Kirchen-)Lied besingen und trotzdem intrigant sein. Man kann dem anderen Menschen die Hand zum Friedensgruß reichen und dennoch schlecht über ihn reden. Oder man kann versuchen, das eigene Leben zu ändern, ihm die Richtung neu zu weisen. Ernst machen mit dem, was als Auftrag Jesu zu lesen ist. Das wird ein hartes Stück Arbeit. So, wie der Acker des Bauern gepflegt werden will, damit eine reiche Ernte gedeiht. Und genau so, wie dem Bauern die Ernte tatsächlich verhagelt werden kann, werden die Menschen bei der Ausrichtung des Lebens Misserfolge erleben und mit dem Scheitern konfrontiert werden.
Aber eben nicht nur. Begegnen wir einander in Zuneigung, werden wir ein Echo bekommen, welches sehr herzlich sein kann. Dann ist in uns ein Same aufgegangen, wir haben ihn weitergetragen und können uns unsererseits über eine Ernte freuen.
Ihnen und uns allen wünsche ich, dass Sie an jedem Tag ein wenig von dieser Ernte erleben können.
Tim Wollenhaupt
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.