Palmsonntag, 13.04.2014 – Zum Evangelium nach Matthäus 21, 1 – 11
Sie kennen die Royals aus dem Fernsehen. Nun eine kurze Frage: Können Sie sich vorstellen, dass die Königin Elisabeth zum Staatsbesuch nach Deutschland kommt, reitend auf einem Esel? Völlig unmöglich, wenngleich aus fotografischer Sicht mal ein Novum für die Yellowpress.
Der Einzug Jesu nach Jerusalem ist ein Bild. Und er ist ein Brückenschlag zur Geburt Jesu. Denn da ist der König der Könige auch nicht in einem Palast zur Welt gekommen, sondern in einem schäbigen Stall. Und nun, rund drei Jahrzehnte später, reitet dieser Mensch, den sie „König der Juden“ nennen und dies als Schuldspruch über das Kreuz nageln werden, auf einem Esel nach Jerusalem ein.
Der Esel ist ein Lasttier. Er trägt, meist geduldig, am Joch, welches man ihm auferlegt. Die Parallele, die der Evangelist Matthäus hier schlägt, ist eine doppelte: Zum einen erinnert er an die Geburt und zum anderen an das Alte Testament. Diese Bezüge tauchen in den Evangelien immer wieder auf. Sie haben den Zweck, den Lesern, also im Ursprung Juden, die Stringenz der Gottessohnschaft zu verdeutlichen. Und sie sind in ihrer Erzählung ein krasser Gegensatz zu den damaligen Geschichten, die von den weltlichen Herrschern erzählt wurden. Die Biographie von Kaiser Augustus beginnt stilistisch bei zeitgenössischen Darstellungen gerade so, wie unsere Evangelien. Nur mit dem Unterschied, dass natürlich Glanz und Prunk betont werden, um den Beschriebenen hinreichend als Kaiser zu rechtfertigen.
Die Evangelisten bilden in ihren Darstellungen an entscheidenden Stellen also nichts anderes ab als das komplette Spiegelbild der damaligen Erzählungen zu den jeweilig Herrschenden.
Die Tatsache, dass Jesus nun als der im Alten Testament angekündigte Messias dargestellt wird, wird durch das lobende „Hosianna“ des Volkes unterstrichen. Zeitzeugen sind grundsätzlich hilfreich zur Untermauerung. Und dass Jesus auf einem Lasttier reitet, nimmt das Geschehen im Bild vorweg: So, wie ein Esel die Last trägt, nimmt Jesus die „Sünde der Welt“ auf seine Schultern. Auf dem Lasttier reitet der, der für das Leben sterben wird.
Nimmt man das Bild in eine historische Betrachtung, so wird klar, dass das Bild für die damalige Leserschaft entworfen wurde und heute schwierig zu vermitteln ist. In unserer Kirche zum Beispiel geschieht diese Vermittlung ganz handgreiflich. In der Passionszeit sind die zukünftigen Kommunionkinder gemeinsam mit den Eltern, Katecheten, Messdienern, der Gemeindereferentin und dem Pastor in die Kirche eingezogen. Sie versammelten sich rund um den Altar und in einen Moment der Stille spricht der Pastor: „Wir machen uns klein vor dem, der uns groß macht“. Alle machen eine Kniebeuge und gehen zu ihren Plätzen.
Der Einzug der Kinder in die Kirche ist so ein kleines Zeichen auf Ostern zu. Und in der Kniebeuge, die die versammelte Gemeinde im Geist mit vollführt, ist es eine Erinnerung daran, dass etwas Unglaubliches geschehen wird. Aus den Kleinen werden die Größten, aus den Letzten die Ersten und aus den Verstorbenen die Lebendige Gemeinschaft.
An diesem Sonntag wird unsere Gemeinde mit einem tatsächlichen Esel in die Kirche einziehen. Der Chor wird dazu singen: „Auf einem Esel ritt er ein, das war sein Königsthron.“ Einen Esel als Thron zu sehen, ist der Hinweis darauf, die eigene Sichtweise des Normalen zu verändern. Sonst wird es schwierig, sich auf das österliche Geheimnis zu besinnen. Wollen wir uns aber darauf besinnen, dann sind wir mit dem Wunder der Auferstehung konfrontiert. Das ist ein noch größerer Anspruch an unsere Sichtweise. Aber ein lohnender.
Mit dem Palmsonntag beginnt die Heilige Woche. Ihnen wünsche ich, dass es gelingt, die Sichtweisen zu ändern und sich anrühren zu lassen von dem, was Ostern ist.
Tim Wollenhaupt
Sie kennen die Royals aus dem Fernsehen. Nun eine kurze Frage: Können Sie sich vorstellen, dass die Königin Elisabeth zum Staatsbesuch nach Deutschland kommt, reitend auf einem Esel? Völlig unmöglich, wenngleich aus fotografischer Sicht mal ein Novum für die Yellowpress.
Der Einzug Jesu nach Jerusalem ist ein Bild. Und er ist ein Brückenschlag zur Geburt Jesu. Denn da ist der König der Könige auch nicht in einem Palast zur Welt gekommen, sondern in einem schäbigen Stall. Und nun, rund drei Jahrzehnte später, reitet dieser Mensch, den sie „König der Juden“ nennen und dies als Schuldspruch über das Kreuz nageln werden, auf einem Esel nach Jerusalem ein.
Der Esel ist ein Lasttier. Er trägt, meist geduldig, am Joch, welches man ihm auferlegt. Die Parallele, die der Evangelist Matthäus hier schlägt, ist eine doppelte: Zum einen erinnert er an die Geburt und zum anderen an das Alte Testament. Diese Bezüge tauchen in den Evangelien immer wieder auf. Sie haben den Zweck, den Lesern, also im Ursprung Juden, die Stringenz der Gottessohnschaft zu verdeutlichen. Und sie sind in ihrer Erzählung ein krasser Gegensatz zu den damaligen Geschichten, die von den weltlichen Herrschern erzählt wurden. Die Biographie von Kaiser Augustus beginnt stilistisch bei zeitgenössischen Darstellungen gerade so, wie unsere Evangelien. Nur mit dem Unterschied, dass natürlich Glanz und Prunk betont werden, um den Beschriebenen hinreichend als Kaiser zu rechtfertigen.
Die Evangelisten bilden in ihren Darstellungen an entscheidenden Stellen also nichts anderes ab als das komplette Spiegelbild der damaligen Erzählungen zu den jeweilig Herrschenden.
Die Tatsache, dass Jesus nun als der im Alten Testament angekündigte Messias dargestellt wird, wird durch das lobende „Hosianna“ des Volkes unterstrichen. Zeitzeugen sind grundsätzlich hilfreich zur Untermauerung. Und dass Jesus auf einem Lasttier reitet, nimmt das Geschehen im Bild vorweg: So, wie ein Esel die Last trägt, nimmt Jesus die „Sünde der Welt“ auf seine Schultern. Auf dem Lasttier reitet der, der für das Leben sterben wird.
Nimmt man das Bild in eine historische Betrachtung, so wird klar, dass das Bild für die damalige Leserschaft entworfen wurde und heute schwierig zu vermitteln ist. In unserer Kirche zum Beispiel geschieht diese Vermittlung ganz handgreiflich. In der Passionszeit sind die zukünftigen Kommunionkinder gemeinsam mit den Eltern, Katecheten, Messdienern, der Gemeindereferentin und dem Pastor in die Kirche eingezogen. Sie versammelten sich rund um den Altar und in einen Moment der Stille spricht der Pastor: „Wir machen uns klein vor dem, der uns groß macht“. Alle machen eine Kniebeuge und gehen zu ihren Plätzen.
Der Einzug der Kinder in die Kirche ist so ein kleines Zeichen auf Ostern zu. Und in der Kniebeuge, die die versammelte Gemeinde im Geist mit vollführt, ist es eine Erinnerung daran, dass etwas Unglaubliches geschehen wird. Aus den Kleinen werden die Größten, aus den Letzten die Ersten und aus den Verstorbenen die Lebendige Gemeinschaft.
An diesem Sonntag wird unsere Gemeinde mit einem tatsächlichen Esel in die Kirche einziehen. Der Chor wird dazu singen: „Auf einem Esel ritt er ein, das war sein Königsthron.“ Einen Esel als Thron zu sehen, ist der Hinweis darauf, die eigene Sichtweise des Normalen zu verändern. Sonst wird es schwierig, sich auf das österliche Geheimnis zu besinnen. Wollen wir uns aber darauf besinnen, dann sind wir mit dem Wunder der Auferstehung konfrontiert. Das ist ein noch größerer Anspruch an unsere Sichtweise. Aber ein lohnender.
Mit dem Palmsonntag beginnt die Heilige Woche. Ihnen wünsche ich, dass es gelingt, die Sichtweisen zu ändern und sich anrühren zu lassen von dem, was Ostern ist.
Tim Wollenhaupt