Zum Evangelium Lk 19, 1-10 am Sonntag, dem 3.11.2013
„Zachäus, komm schnell herunter! Denn ich muss heute in deinem Haus zu Gast sein.“
Die Geschichte von Zachäus ist zeitlos – und deshalb heute vielleicht aktueller denn je:
Zachäus wird von den Leuten – vielleicht sogar zu Recht – verachtet und ausgegrenzt als Sünder, als Kollaborateur mit den römischen Besatzern.
Jesus geht einen anderen Weg: Er sieht den Zachäus an. Vielleicht treibt den Zöllner nur die Neugierde auf den Baum, vielleicht aber auch die Sehnsucht nach Sinn über den Reichtum hinaus. Jesus geht auf ihn als Menschen zu, spricht ihn an, isst mit ihm. Und Zachäus lässt sich ansprechen und berühren. Jesus schafft neue Gemeinschaft ohne Voraussetzungen, ohne Belehrung, ohne erhobenen Zeigefinger.
Mit einem einfachen, aber starken Zeichen: Das gemeinsame Mahl schafft Gemeinschaft und überwindet die gesellschaftliche Ausgrenzung. (Nicht umsonst stammt das Wort Kommunion von Communio, d.h. Gemeinschaft!)
Weil Jesus also den ersten Schritt tut, macht er es Zachäus leichter, sein Leben in den Griff zu bekommen und selbst wieder Schritte in die Gemeinschaft hinein zu gehen.
So wird diese Geschichte zum Hoffnungszeichen, dass dieses Angebot Jesu auch einem jeden von uns gilt und wir selbst die Kraft haben, ein wenig wie Zachäus zu werden.
Andererseits ist diese Begegnung auch ein Auftrag an uns als Gemeinde: Die Leute empören sich über Jesus und verstehen seine Zuwendung zu einem Menschen wie Zachäus nicht – und das ist gut verständlich, schließlich ist er doch ein mieser Kerl, der auf Kosten der Menschen in Reichtum lebt. Diese enge Sicht, diese Lieblosigkeit gibt es heute genauso wie damals – nicht zuletzt auch in unserer Kirche, wo wir leicht in Gefahr geraten, auf das Äußere zu schauen, aber den Wert von Menschlichkeit aus den Augen zu verlieren – und manchmal dann auch selbst nur Pracht und schönen, leeren Schein zu schaffen. Dabei ist die Begegnung Jesu mit dem Zöllner Zachäus ein klarer Auftrag – konkret auf Menschen zuzugehen, Gemeinschaft (wieder) herzustellen und niemanden zu „ex-kommunizieren“ – so schwer das auch fällt. Eine Gemeinde nach dem Vorbild Jesu ist eine einladende Gemeinschaft – für Zachäus und für uns selbst.
Martin Hessbrüggen
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männer aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-, und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.