Zum Evangelium Lk 4,21-30 am Sonntag, dem 3. Februar 2013
Man konnte es ahnen: Die Geschichte geht nicht gut aus. Die zunächst so begeisterten Menschen haben offenbar ganz andere Erwartungen an Jesus gehabt… – und sie werden ent-täuscht. Jesus hat das offenbar geahnt, wie wir in Lk 4,23.24 nachlesen können.
Aber er weigert sich, Erwartungen zu erfüllen, sondern spricht mutig das aus, was der Geist ihm eingibt, auch um den Preis des Nicht-Verstanden-Werdens, der Ablehnung. Und er provoziert damit seine Zuhörer. Hier kann man schon ahnen, wohin dieser Weg Jesu – und damit auch unser Weg! – letztlich führen wird: zum Kreuz. Bei Lukas lesen wir, dass die Leute in der Synagoge Jesus aus dem Weg räumen wollen.
Wenn Jesus heute hier in unserer Kirche und Gemeinde zu Gast wäre, wie würde es mir und uns mit ihm ergehen? Und: Wie würde es ihm mit mir und mit uns ergehen? Vielleicht so, wie F. Dostojewski es in seinem Werk „Die Brüder Karamasow“ formuliert?
„Keiner hätte es so schwer, wenn er wiederkäme, sich als der zu präsentieren, der er ist, wie jener Mann aus Nazareth, dessen Geschick es ist, nicht vergessen worden zu sein. Er müsste sich aus vielen Überkleidungen herausschälen, in die er von den Seinen – gerade von denen, die ihn nicht vergessen haben – gesteckt worden ist. Und wieviele, zum Teil vollendet schöne Bilder und Statuen, unter denen sein Name steht, müsste er von Wänden und Konsolen entfernen, traurig erstaunt: „Ach, so seht ihr mich?“ “
Brigitte Meier
Die Worte Jesu in der Synagoge seiner Heimatstadt Nazareth können nicht treffender die Mission schildern, in der er hier steht: er ist zu den Armen, den Gefangenen, den Entrechteten gerufen worden. In ihm hat sich die Schrift erfüllt.
Und die Reaktion gewisser Kreise? Ablehnung, Wut, Aggression.
„Er aber schritt mitten durch die Menge hindurch und ging weg.“
Die Erfahrung beispielsweise unserer Sternsinger in Höntrop, die an manche (Gott sei Dank wenige) Türen klopften, die nicht geöffnet wurden oder Menschen antrafen, die sie sogar mit rüden Worten fortschickten, symbolisiert durchaus die augenblickliche Situation des Glaubens in unserem doch eigentlich christlichen Land: viele Menschen – sei es aus Trägheit oder Gleichgültigkeit – lassen die Wahrheit vor der Tür stehen.
Der große Dichter und Gottessucher Tagore schreibt:
„Du kamst in der Morgendämmerung
an meine Tür und sangst; es ärgerte mich,
dass ich aus dem Schlaf geweckt wurde
und du gingst unbeachtet wieder fort.
Du kamst am Mittag und batest um Wasser
es störte mich in meiner Arbeit und du
wurdest mit harten Worten weggeschickt.
Du kamst am Abend mit deiner brennenden Fackel.
Ich erschrak vor dir und verschloss die Tür.
Jetzt in der Mitternachtsstunde sitze ich allein
in meinem dunklen Zimmer
und rufe nach dir, den ich von mir wies.“
Jesus aber schritt mitten durch die Menge hindurch und ging weg.
Ich weiß, dass du nicht unbeachtet durch mein Leben und das Leben meiner Mitmenschen gehst, sondern für uns da bist und bei uns bleibst.
Dietmar Kanzer
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männer aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-, und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.