- Sonntag der Bereitungszeit – 6.3.2022 – Zum Evangelium Lk 4, 1-13
1 Erfüllt vom Heiligen Geist, kehrte Jesus vom Jordan zurück. Er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt, 2 vierzig Tage lang, und er wurde vom Teufel versucht. In jenen Tagen aß er nichts; als sie aber vorüber waren, hungerte ihn. 3 Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden. 4 Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. 5 Da führte ihn der Teufel hinauf und zeigte ihm in einem Augenblick alle Reiche des Erdkreises. 6 Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will. 7 Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. 8 Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. 9 Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; 10 denn es steht geschrieben: Seinen Engeln befiehlt er deinetwegen, dich zu behüten; 11 und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, / damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. 12 Da antwortete ihm Jesus: Es ist gesagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. 13 Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel bis zur bestimmten Zeit von ihm ab.
Hier sitze ich nun mit der Aufgabe, einen Impuls zum heutigen Sonntagsevangelium zu verfassen. Mein Kopf und mein Herz sind voll von den erschütternden Bildern und Nachrichten der zurückliegenden Woche, die – so muss ich zugeben – mein Weltbild ins Wanken gebracht haben. War ich als überzeugte Pazifistin und klare Verfechterin des Dialogs im Sinne einer friedlichen Verständigung zu blauäugig? Nie hätte ich gedacht, eine solch brisante politische Situation zu erleben, die die Welt an den Rand eines Dritten Weltkriegs zu führen droht.
Wie bringe ich all das zusammen mit den Worten des Lukas?
Krieg verwüstet. Nicht nur Gebäude und Infrastruktur, sondern auch Seelen.
Versuchungen, die diese Verwüstung mit sich bringt, sind vielfältig und in ihrer Wirkung teuflisch: Hybris, konstruierte und zurechtgebogene „Wahrheiten“ und Rechtfertigungen, Enthemmung, Rachegelüste, sich entladender Hass, Resignation … Wie es sich anfühlt, sich mitten in der Wüste eines Kriegsgebietes zu befinden oder um Menschen dort zu bangen, können sich wohl nur diejenigen in ganzem Ausmaß vorstellen, die so etwas einmal selbst erlebt haben. Aber auch den von „außen“ Zuschauenden droht die Versuchung, Landsleute des Aggressors pauschal in Sippenhaft zu nehmen oder Entscheidungen aus aufgewühlten Emotionen heraus zu fordern oder zu treffen.
Richtig und wohlüberlegt zu handeln, um den Betroffenen zu helfen, ohne die Situation komplett eskalieren zu lassen, erscheint unendlich schwierig.
Wie hat Jesus es geschafft, den Versuchungen, in die der Teufel ihn in der Wüste führte, zu widerstehen? Lukas schreibt gleich zu Anfang, dass er vorher „aufgetankt“ hat. „Erfüllt vom Heiligen Geist“ führt genau dieser ihn durch die Wüste, an einen Ort, an dem er von Allem abgeschnitten ist, der ihn darben lässt. Dass der Hunger, den er danach sicher nicht nur körperlich, sondern auch seelisch gespürt hat, ihn nicht anfällig gemacht hat für die Versuchungen des Teufels! Ich denke, das lag daran, dass er den Geist in sich hat wirken lassen.
So bete ich
für alle an diesem teuflischen Krieg Beteiligten, für alle unter ihm Leidenden und für alle, deren Handeln von entscheidender Bedeutung für das fortlaufende Geschehen ist, dass Gottes Guter Geist seinen Weg in ihre Herzen findet, sie zu läutern, sie zu trösten, sie zu stärken. Möge er die Sehnsucht und die Bereitschaft stärken, diesem Wahnsinn ein Ende zu setzen und Wege der Versöhnung und eines neuen Miteinanders zu finden.
Möge er auch bei Allen sein, die sich von Außen um eine Milderung der Kriegsfolgen bemühen, dass durch ihr Reden und Handeln durchscheint, was Allen zugesagt ist: Die Fülle des Lebens.
Amen.
Maria Schmale