Zum Evangelium Lk 24, 1-12 in der Osternacht – 20. April 2025
1 Am ersten Tag der Woche gingen die Frauen mit den wohlriechenden Salben, die sie zubereitet hatten, in aller Frühe zum Grab. 2 Da sahen sie, dass der Stein vom Grab weggewälzt war; 3 sie gingen hinein, aber den Leichnam Jesu, des Herrn, fanden sie nicht. 4 Und es geschah, während sie darüber ratlos waren, siehe, da traten zwei Männer in leuchtenden Gewändern zu ihnen. 5 Die Frauen erschraken und blickten zu Boden. Die Männer aber sagten zu ihnen: Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten? 6 Er ist nicht hier, sondern er ist auferstanden. Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat, als er noch in Galiläa war: 7 Der Menschensohn muss in die Hände sündiger Menschen ausgeliefert und gekreuzigt werden und am dritten Tag auferstehen. 8 Da erinnerten sie sich an seine Worte. 9 Und sie kehrten vom Grab zurück und berichteten das alles den Elf und allen Übrigen. 10 Es waren Maria von Magdala, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus, und die übrigen Frauen mit ihnen. Sie erzählten es den Aposteln. 11 Doch die Apostel hielten diese Reden für Geschwätz und glaubten ihnen nicht. 12 Petrus aber stand auf und lief zum Grab. Er beugte sich vor, sah aber nur die Leinenbinden. Dann ging er nach Hause, voll Verwunderung über das, was geschehen war.
Eine Aufforderung, die mir einfach nicht aus dem Kopf geht: Sucht den Lebenden nicht bei den Toten! – Eine Aussage, die zunächst paradox erscheint.
Nun ja, an Paradoxien sind wir im postfaktischen Zeitalter, in dem wir aktuell leben, mittlerweile hinlänglich gewöhnt. Die Deutung der Wirklichkeit wird heute von Lenkern politischer (Welt-)Mächte bestimmt, die eine Neuordnung der Welt nach ihren Interessen anstreben. Die Bezeichnung „alternative Fakten“ für offensichtliche Unwahrheiten, die im eigenen Interesse umgedeutet wurden, war nur der Anfang eines Umschwungs, der sich im Moment in rasendem Tempo vollzieht. Da werden Opfer zu Tätern gemacht oder die Respektierung des Völkerrechts selbstsüchtigen ökonomischen Interessen untergeordnet. Die Weltordnung, wie wir sie kannten, existiert de facto nicht mehr, alte (vermeintliche) Sicherheiten brechen weg.
Was auf der einen Seite erschreckend ist, beinhaltet doch auf der anderen Seite auch die Chance, neu darüber nachzudenken, was unser Selbstverständnis und unser Weltbild ausmacht. Wenn wir rücksichtsloses, nur auf den eigenen Vorteil bedachtes Vorgehen gegen Menschen oder Staaten ablehnen, welchen Gegenentwurf haben wir dem dann entgegenzustellen?
„Sucht den Lebenden nicht bei den Toten“. Heißt das nicht auch, bewegt euch aus eingefahrenen Denkmustern und Gleisen, „stellt euch gegen den Strom“ – wie es in einem Lied von Gregor Linßen heißt-, lasst euch nicht lähmen vom Gefühl der Machtlosigkeit?
Für die Männer im heutigen Evangelientext ist die Sache gelaufen. Jesus ist dem Machtapparat zum Opfer gefallen und wie ein Schwerverbrecher qualvoll hingerichtet worden, und sie hatten keine Möglichkeit, als machtlos dabei zuzuschauen. Das Trauma, das dies unmittelbar zurückliegende Ereignis ausgelöst hat, lähmt Handeln und Denken. Was die Frauen da erzählen: was für ein Geschwätz! Tot ist tot, die Hoffnung dahin!
Allerdings wird von Petrus berichtet, dass ihm das Ganze offensichtlich doch keine Ruhe lässt. Er macht sich auf den Weg zum Grab. Mehr als die Binden und Tücher, in die der Leichnam Jesu eingewickelt war, sieht er nicht. Die Szene „spricht“ zunächst nicht zu ihm, wie sie es für die offeneren Frauen getan hat, aber immerhin macht er sich auf den Rückweg „voll Verwunderung über das, was geschehen war“. Das ist doch schon einmal ein Anfang! Ein Mensch, der sich wundert/ der staunt, hat die Chance, sich zu öffnen! Auch für unsere Gesellschaft wie auch für uns als kirchliche Gemeinschaft , die wir uns aus Angst vor Veränderung oft schwertun, neue Wege zu gehen, kann ein offenes Staunen zum Wegbereiter werden!
Wundern wir uns! Staunen wir angesichts dessen, was wir hören und erleben, wenn wir miteinander Ostern feiern – vielleicht ereignet sich in uns eine Auf-Erstehung, die unsere Wirklichkeit nachhaltig verändert!
In diesem Sinne frohe und gesegnete Ostern wünscht Ihnen/euch allen
Maria Schmale