Zum Evangelium Mk 12, 28b-34 am Sonntag des Jahreskreises – 31.10.2021
28 Ein Schriftgelehrter hatte ihrem Streit zugehört; und da er bemerkt hatte, wie treffend Jesus ihnen antwortete, ging er zu ihm hin und fragte ihn: Welches Gebot ist das erste von allen? 29 Jesus antwortete: Das erste ist: Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. 30 Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit deinem ganzen Denken und mit deiner ganzen Kraft. 31 Als zweites kommt hinzu: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Kein anderes Gebot ist größer als diese beiden. 32 Da sagte der Schriftgelehrte zu ihm: Sehr gut, Meister! Ganz richtig hast du gesagt: Er allein ist der Herr und es gibt keinen anderen außer ihm 33 und ihn mit ganzem Herzen, ganzem Verstand und ganzer Kraft zu lieben und den Nächsten zu lieben wie sich selbst, ist weit mehr als alle Brandopfer und anderen Opfer. 34 Jesus sah, dass er mit Verständnis geantwortet hatte, und sagte zu ihm: Du bist nicht fern vom Reich Gottes. Und keiner wagte mehr, Jesus eine Frage zu stellen.
Mit den Vorschriften und Gesetzen, die das Zusammenleben der Menschen regeln sollen, ist das so eine Sache. Es ist unbestritten notwendig und gut, dass es sie gibt, um uns zu schützen und uns einen gesicherten Umgang miteinander zu ermöglichen. Andererseits führen die vielen Regelungen und ihre Interpretationen oft auch zu Verwirrung oder gar Unmut. Die Corona Regeln, die uns nun seit mehr als einem Jahr begleiten, sind ein Beispiel dafür: Sie waren bzw. sind absolut notwendig, um Schaden von den Menschen als Einzelnen und als Gesellschaft abzuwenden, aber teilweise sind sie – auch weil sie immer wieder von neuer Wirklichkeit eingeholt werden – in sich widersprüchlich und so unübersichtlich, dass sie ihren Zweck zu konterkarieren droh(t)en. Da war und ist es immer wieder wichtig, in den Blick zu nehmen, welchem Zweck sie dienen sollen, nämlich dem Wohl und der Gesundheit der Menschen.
Das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, Gesetze nicht zum Selbstzweck werden zu lassen – in diesen Zusammenhang ist der heutige Textabschnitt im Markusevangelium eingebunden. Jesus rückt in die Mitte, was in die Mitte gehört. Die Gottesliebe als Zentrum unseres Lebens holt uns aus dem Kleinklein unseres Alltags. Sie äußert sich für mich in tiefer Dankbarkeit für das Leben und einem entsprechend respektvollen Umgang damit. An JAHWE (Ich bin Der Ich Bin für euch Da) kann sich die Selbst- und Nächstenliebe ausrichten wie nach einem Kompass. Sie gehören zusammen. Die Gottesliebe lässt heilende Selbst- wie Nächstenliebe zu: Wenn Gott mich so sehr liebt, wie könnte ich mich dann nicht lieben? Und wenn diese Liebe allen anderen Menschen ebenso gilt, wie könnten mir die anderen Menschen dann egal sein? Und die Gottesliebe bringt beides in die Waage, sodass die Selbstliebe nicht zum Egoismus wird und die Nächstenliebe nicht zur Selbstaufgabe. Worum wir mit vielen Regelungen und Gedanken in unserem Alltag ringen, ist hier auf geniale Weise auf den Punkt gebracht. Gott sei Dank!
Ich wünsche uns allen einen frohen und gesegneten Sonntag und eine Woche, in der wir viel Liebe geben und viel Liebe erfahren dürfen!
Maria Schmale