23. Sonntag im Jahreskreis, 6.9.2020
Mt 13, 15-20
15 Wenn dein Bruder gegen dich sündigt, dann geh und weise ihn unter vier Augen zurecht! Hört er auf dich, so hast du deinen Bruder zurückgewonnen.
16 Hört er aber nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei mit dir, damit die ganze Sache durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werde.
17 Hört er auch auf sie nicht, dann sag es der Gemeinde! Hört er aber auch auf die Gemeinde nicht, dann sei er für dich wie ein Heide oder ein Zöllner.
18 Amen, ich sage euch: Alles, was ihr auf Erden binden werdet, das wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was ihr auf Erden lösen werdet, das wird auch im Himmel gelöst sein.
19 Weiter sage ich euch: Was auch immer zwei von euch auf Erden einmütig erbitten, werden sie von meinem himmlischen Vater erhalten.
20 Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Liebe Leser*innen, liebe Schwestern und Brüder,
am Ende dieses Evangeliums hat es mich wieder erwischt:
Zack: Ohrwurm!
Kennen Sie das auch,
dass ein Satz oder ein einzelnes Wort
eine Melodie oder eine Situation in Erinnerung ruft?!
Ich muss zugeben, dass ich diesen Ohrwurm,
den ich jetzt in meinem Kopf habe, gar nicht mag.
Ich mag dieses Lied nicht so sehr,
den Grund dafür kenne ich nicht bewusst.
Vielleicht habe ich eine Erinnerung an das Lied,
die ich mit etwas Negativem verbinde.
Dabei ist doch SEINE Aussage so positiv.
Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen!
Mit Blick auf den Synodalen Weg könnte man SEINE Worte doch so interpretieren,
dass es für die Versammlung der Gemeinde keiner besonderen Weihe bedarf?!
Es braucht nur 2 oder 3 Menschen, Frauen und/oder Männer, in SEINEM Namen versammelt
und Zack ist ER unter ihnen!
So einfach ist das. Diese Zusage haben wir.
Problem gelöst.
Etwas tiefgründiger wird es, wenn dieses Evangelium nicht auf diesen letzten Satz reduziert wird.
Hier kennzeichnet Jesus nämlich christliches Zusammenleben,
das auf Vergebung und Einsicht beruht.
Es baut darauf auf, dass jede Gemeinschaft aus Menschen menschlich ist.
Menschlich sein heißt: Wir haben positive und negative Seiten.
Genauso, wie ich mit diesem Ohrwurm, der eigentlich sehr positives ausdrückt,
irgendwie etwas Negatives verbinde.
So sehr wir uns bemühen, wir machen Fehler.
Bewusste und unbewusste,
große und kleine Fehler
mit denen wir anderen Menschen Schaden zufügen
und deren Würde verletzen.
Jetzt ist Wahlkampf, hier in Wattenscheid und in Bochum, Kommunalwahlkampf.
Es ist auch Wahlkampf in den USA.
Wahlkampf ist die Zeit des Fehlerlesens und -suchens.
Was könnte ich denn dem oder der politischen Gegner*in vorwerfen?!
Das macht der amerikanische Präsident seinen politischen Gegnern gar nicht schwer,
trotzdem tun die sich schwer,
diesen selbstverliebten Mann sicher in die Geschichte zu verbannen.
Selbstverliebt? Liebe deinen Nächsten wie dich selbst?!
Die Liebe wird in dieser Sache missbräuchlich zitiert,
genau wie bei der Coronaskeptiker-Demo in Berlin am vergangenen Samstag,
wo Menschen skandierten:
„Nur die Liebe muss der Kern des Handelns sein!“
„Nur die Liebe zählt!“
Direkt daneben standen Nazis, Identitäre, Reichsbürger und andere menschenverachtende Gruppierungen.
Wären diese Aussagen im Berlin Ende August 2020 ernst gemeint,
wäre es genau das, was uns heute Paulus in der zweiten Lesung mitgibt:
„Wer den andern liebt,
hat das Gesetz erfüllt.“
„Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses.
Also ist die Liebe die Erfüllung des Gesetzes.“
Sind das nicht wundervolle Ansätze?!
Liebe ist ein vielfältiger Begriff, aber wenn wir sie so verstehen,
dass Liebe dem Nächsten nichts Böses tut,
und wir IHN selbst als die LIEBE an sich erkennen,
dann erhält der letzte Satz im heutigen Evangelium einen noch schöneren Klang:
Wenn zwei, drei oder ganz viele, ganz unterschiedliche Menschen,
in Liebe verbunden sind, in SEINEM Namen versammelt sind,
dann ist die LIEBE selbst mitten unter ihnen.
Unter uns! Dein Reich komme!
Thomas Schlott