- Sonntag im Jahreskreis, 07.10.2018 – Zum Evangelium nach Markus 10, 2 – 16
Ach, ist das schön mit den Gesetzen. Wenn sie einmal da sind, kann man sie anwenden oder man kann darüber streiten. Und man kann sie anwenden, um sich dadurch mit jemandem zu streiten. Ein feines Florett kann ein Gesetz sein, im richtigen Moment angesetzt kann es wirken wie ein fürchterlicher Säbelhieb. Eine feine Sache, besonders dann, wenn man ansonsten das Gefühl haben müsste, vollkommen wehrlos zu sein.
Die Pharisäer sind Schriftgelehrte, sie kennen das Gesetz. Mit dem Florett des Textes sind sie vertraut und kennen jede Finte. Niemand macht ihnen etwas vor, schon gar nicht dieser Wanderprediger mit seinen Jüngern.
Nun, dieser Wanderprediger hat etwas auf Lager, was noch viel besser ist als das Florett. Nicht das Gesetz der Menschen, sondern das Gesetz Gottes. Darüber lässt sich nämlich nicht streiten und es lässt sich auch nicht ändern.
Ob eine Scheidung nach weltlichen Gesichtspunkten möglich ist, erörtert er kaum. Und ob ein unproduktives Wesen einen Segen verdient hat, ist für ihn gar keine Frage. Jesus verweist auf das Reich Gottes. Es ist denen verheißen, denen Gott sich zuwendet. Denjenigen, die sich als Liebende begegnen. Das können Menschen gleichen Alters sein, die sich zur Gemeinschaft zusammenfinden. Das können aber auch die sein, die gar nichts haben, wie die Kinder.
Die, die nichts haben außer ihrer Sehnsucht nach Zuneigung, gerade die stehen unter dem Gesetz Gottes, unter seinem Schutz und ihnen legt Jesus gegen alle Widerstände die Hände zum Segen auf.
Eine schöne Verheißung, vor allem an einem Sonntag. Da gibt es welche, die sich herausputzen und diejenigen, die nicht mehr haben als das, was sie am Leib tragen. Ob an der Hand, die sich der Kommunionspende entgegenstreckt, ein Brillantring hängt oder nicht, ist gänzlich gleichgültig. Ich brauche nichts und ich kann gar nichts tun, um mir die Liebe meines Gottes zu verdienen. Und vielleicht ist das bei der Suche nach dem wahren Gesetz auch genau das richtige: Nicht nach dem zu suchen, wie ich meinem Widersacher auf intelligenteste Weise das Wasser abgraben kann, sondern sich darüber zu freuen, dass meine Quelle nie versiegen kann, egal, wie viel andere abschöpfen.
So eine kleine Rückbesinnung auf Gott zeigt nicht die Armut der Welt und sie überwindet sie auch nicht. Aber sie verweist auf das Übermaß an Liebe, mit der die Welt gesegnet ist und bleiben sollte.
Einen gesegneten Sonntag
Tim Wollenhaupt