26.Sonntag im Jahreskreis, 30.09.2018 – Zum Evangelium nach Markus 9,38-43.45.47-48
38 Johannes sagte zu Jesus: ≫Lehrer, wir haben da einen Mann gesehen, der hat deinen Namen dazu benutzt, böse Geister auszutreiben. Wir haben versucht, ihn daran zu hindern, weil er nicht zu uns gehört.≪
39 ≫Lass ihn doch!≪, sagte Jesus. ≫Wer meinen Namen gebraucht, um Wunder zu tun, kann nicht im nächsten Augenblick schlecht von mir reden.
40 Wer nicht gegen uns ist, ist für uns!
41 Wer euch nur einen Schluck Wasser zu trinken gibt, weil ihr zu Christus gehört – ich versichere euch, ein solcher Mensch wird ganz gewiss seinen Lohn erhalten!≪
42 ≫Wer einen dieser kleinen, unbedeutenden Menschen,die mir vertrauen, an mir irrewerden lässt, der käme noch gut weg, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals ins Meer geworfen würde.
43 Wenn deine Hand dich zur Sünde verführt, dann hau sie ab! Es ist besser für dich, mit nur einer Hand ewig bei Gott zu leben, als mit beiden Händen in die Hölle zu kommen, in das Feuer, das nie ausgeht.
45 Und wenn dein Fuß dich zur Sünde verführt, dann hau ihn ab! Es ist besser für dich, mit nur einem Fuß ewig bei Gott zu leben, als mit beiden Füßen in die Hölle geworfen zu werden.
47 Und wenn dein Auge dich zur Sünde verführt, dann reiß es aus! Es ist besser für dich, mit nur einem Auge in die neue Welt Gottes zu kommen, als mit beiden Augen in die Hölle geworfen zu werden,
48 wo die Qual nicht aufhört und das Feuer nicht ausgeht.≪
Jesus geht in seiner Jüngerbelehrung nun einen Schritt weiter und greift das Thema des Gegenübers auf, von dem es sich abzuwenden gilt. Die Situation ist Folgende:
Die Jünger haben einen Mann gesehen, der in Jesu Namen böse Geister ausgetrieben hat, deshalb versuchten sie ihn davon abzuhalten. Doch Jesus hatte damit anscheinend kein Problem und äußerte dahingehend, dass wenn einer seinen Namen benutzt, um Gutes zu tun, er im nächsten Moment nicht schlecht von ihm reden kann. Jesus geht es also darum diese Menschen, die seinen Namen „missbrauchen“ nicht als Gegner, sondern als Sympathisanten zu verstehen, nach dem Motto: „Wer nicht gegen uns ist, ist für uns!“
Die Aussage im nachfolgenden Vers 41 steht in Beziehung zum Evangelium von letztem Sonntag und stellt zugleich einen wichtigen Aspekt in der Argumentation Jesu dar. Der Schluck Wasser, welcher einem zu Christus Gehörenden gegeben wird, relativiert das öffentliche Wunderwirken. Denn in dieser scheinbar unscheinbaren Handlung, wird doch gerade unbedingt Lebensnotwendiges mitgeteilt und so die Wichtigkeit des Kleinen hervorgehoben. Um dies zu betonen, kann auf eine Aussage aus dem Impuls vom letzten Sonntag zurückgegriffen werden: „In den kleinsten Dingen ist Gott der Größte!“
Neben anderen Menschen, die einen zum Bösen in Form von Diebstahl, Mord, Neid oder Missgunst verführen, muss man sich auch von den eigenen Körperteilen (Hand, Fuß, Auge), die einen verführen können, distanzieren. Dabei sind Aussagen wie „Und wenn dein Auge dich zur Sünde verführt, dann reiß es aus!“ nicht wörtlich zu verstehen, sondern dienen wohl eher dazu, die Dringlichkeit und die Intention Jesu zu betonen. Es stellt sich nun wieder die Frage, was dieses Evangelium heutzutage für uns Menschen und besonders für uns Christen zu bedeuten hat.
Was ist heutzutage ein Gegenüber? Wovon sollten wir uns distanzieren? Was verführt uns zur Sünde und zum Bösen? Was beschäftigt uns heute und wovon wollen wir Abstand?
Mir kommt diesbezüglich gerade die vor wenigen Tagen veröffentlichte Studie zum Missbrauch in der Katholischen Kirche in Deutschland in den Sinn, die zu Tage bringt, dass seit dem Ende des zweiten Weltkriegs 3677 Kinder von ca. 1670 Geistlichen in irgendeiner Art und Weise missbraucht worden sind. Wobei die Dunkelziffer wahrscheinlich noch wesentlich höher liegen mag, was ich allerdings an dieser Stelle weder beurteilen kann noch werde. Dazu mag sich jeder selbst ein Urteil bilden. Die belegten Zahlen sind schlimm genug und ein intensives Ringen um die richtigen Konsequenzen, die dem Leid der betroffen Opfer gerecht werden, und um Strukturen, die Missbrauch in Zukunft zu verhindern, ist mehr als überfällig.
Die Ergebnisse dieser Studie spielen natürlich auch jenen Menschen in die Karten, die sich gegenüber der Katholischen Kirche ohnehin kritisch äußern und aus dieser austreten. Viele Argumente, die die Kirchenkritiker anführen, sind gerechtfertigt, an manchen lässt sich zweifeln und wiederum andere sind frei erfunden. Als Christen müssen wir die Kritiker ernst nehmen, denn auch sie sind von Gott gewollt und von ihm mit ihren Zweifeln und ihrer Kritik angenommen.
Ich habe den heutigen Impuls mit „Wer nicht gegen uns ist, ist für uns!“ überschrieben. Denn nicht jeder, der Kritik übt, wird damit zum Gegner, sondern trägt unter Umständen auf seine Weise zu einem Wandel bei, wo dieser notwendig ist. Wie wir oben lesen können, zeigt Jesus jedenfalls Wohlwollen gegenüber allen,, die auch ohne die Zugehörigkeit zu den Jüngern Gutes tun. Dementsprechend ist es wichtig, sich mit Kritik und Zweifeln auseinanderzusetzen, mit den Kritikern zu kommunizieren und zu versuchen, gemeinsam in den Austausch zu treten und so konstruktive Lösungen zu finden.
Der Missbrauch von Kindern durch katholische Priester, Diakone u.a. ist unendschuldbar aber sollte andererseits auch nicht verallgemeinert und instrumentalisiert werden für eine Verurteilung der gesamten Katholischen Kirche in Deutschland. Jedoch zeigen uns die Ergebnisse der Studie ganz deutlich, dass wir uns als Kirche und auch als Christen in Deutschland fragen müssen, was es heißt Christ zu sein und welche Konsequenzen das hat.
Um auf das heutige Evangelium zurückzukommen: wir müssen uns von allem trennen, was uns zum Bösen verführen mag und ganz praktisch, uns mit unseren Fehlern auseinandersetzen und gemeinsam, im Vertrauen auf den, der sich für uns hingegeben hat, neueWege gehen. Das heutige Evangelium bietet uns in dieser Hinsicht eine Hilfe .
„Der Herr sagt: Was immer dich dazu bringt, dich von mir abzuwenden:
Versuche dich davon zu entfernen oder zu trennen.“
(Und Gott chillte. Die Bibel in Kurznachrichten. Leipzig 2016, 252)
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Euch einen frohen und gesegneten Sonntag
Matthias Parthe