2. Sonntag der Osterzeit, 24.4.2017 – zum Evangelium Joh 20, 19-31
Es ist DAS Evangelium für mich, weil es mich so persönlich anspricht. Wenn ich es höre, habe ich den Eindruck, direkt vom Priester oder der Vortragenden angesprochen zu werden. Ich habe ein regelrecht schlechtes Gewissen! Weil ich nicht glaube, sondern zweifele! Weil ich erst glaube, wenn ich sehe.
Ich, Thomas, der getauft ist auf den Namen dieses Apostels, dessen Zweifel Thema dieses Evangeliums ist.
Kein anderes Evangelium geht mir so nahe, spirituell so tief ins Herz.
Auch ich habe in meinem Leben immer wieder gezweifelt. Auch ich zweifele in diesem Moment und wünschte mir, sinnbildlich IHN ertasten zu dürfen, IHN zu erkennen.
Wie oft aber habe ich IHN schon gefühlt, IHN erfahren. In der Osternacht haben mich die Gesichter der gerade aus der Taufe Heraussteigenden zu Tränen gerührt. Menschen, die gerade andere verloren haben, haben mir durch ihre Kraft und ihr Tun gezeigt, was glauben heißt. Ich habe SEINE Stimme gehört, als ich mich gerufen fühlte. Ich habe IHN in so vielen Menschen gesehen. Der yesidische Schüler, der meine Zuwendung braucht, um seine traumatischen Erfahrungen zu teilen und zu verarbeiten. Der afghanische Schüler, der so große Fortschritte macht, aber dessen Herz vor Sehnsucht nach seiner Familie zu zerbrechen droht und jemanden braucht, der ihm zuhört. Der junge Mann mit Depressionen, der Angst vor seinen Gedanken hat, dem ich nur Zeit schenken muss.
Und so vieles andere…
Ich werde beauftragt,… nicht nur von Menschen, sondern von IHM selbst?
Und trotzdem zweifele ich. Verzweifele an dem, was wir SEINE Kirche nennen. Schöpfe aber auch Mut durch Menschen in dieser Kirche, in dieser Gemeinde und Weggemeinschaft, SEINER Kirche, die er selbst vielleicht gar nicht (so) wollte?
Dann wünschte ich mir, mich klein machen zu können, vor dem, der mich immer wieder groß macht, und mit voller Kraft zu sagen:
Mein HERR und mein GOTT!
Thomas Schlott
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.