Zum Evangelium Joh 14, 15-21 am Sonntag, dem 25. Mai 2014
Das Matthäus-Evangelium, auf das wir in diesem Lesejahr hören, endet mit
der tröstenden Verheißung:
„Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis ans Ende der Welt.“ (Mt 28,20b)
An diesem Sonntag wird ein Abschnitt aus den Abschiedsreden Jesu aus dem Johannes-Evangelium gelesen.
In Joh 14,19 spricht Jesus:“Noch eine kleine Weile, und die Welt sieht mich nicht mehr.“
Sicher wurde den Jüngern schwer um’s Herz bei dieser Ankündigung.
Auch wir fühlen uns in dieser Welt doch oft scheinbar ohne Gott, allein mit
unseren Ängsten, Fragen, Sorgen…
Wir fürchten das Verlassenwerden und die Abschiede. Und doch gehören Abschiede ja zu unserem Leben dazu, sie
begleiten uns durch alle Lebensphasen hindurch bis hin zum endgültigen Abschied, dem Tod.
Diese Abschiede in guter Weise zu bewältigen, sich ihnen mutig zu stellen, das ist ein Stück Lebenskunst und ermöglicht
wichtige Reifungsschritte.
Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass Zeiten der Trennung von geliebten Menschen oft ein Anlass sind,
noch stärker an diesen Menschen zu denken und die innere Verbundenheit um so intensiver zu spüren, da
dieser Mensch im Moment nicht „greifbar“ ist.
Auch der Tod von mir nahe stehenden Menschen hat mich in diese tiefe Dimension der Liebe geführt;
das ist eine kostbare Erfahrung, für die ich sehr dankbar bin. Was nicht bedeutet, dass ich immer und zu allen Zeiten
Zugang zu dieser Erfahrung hätte! Ich kenne nur zu gut das bedrängende Gefühl des Mangels, der Hilflosigkeit
und innerer Trauer, dem ich mich zu entziehen versuche, und den Drang, Erfüllung von außen zu erhoffen.
Wie gut tut hier die Zusage Jesu, die wir im zweiten Teil von Joh 14, 19 hören:
„Ihr aber seht mich, weil ich lebe und weil auch ihr leben werdet.“
Und es schließt sich die Aussage an:
„Ich bin in meinem Vater, ihr seid in mir, und ich bin in euch.“ (Joh 14,20)
Ich möchte schließen mit Rabindranath Tagore und wünsche uns allen, dass
Gottes Wirklichkeit in uns entstehen und wachsen möge!
“ Ich muss loslassen,
woran ich mich geklammert hatte.
Solange ich diese Tatsache als Verlust
für mich auffasste,
war ich unglücklich.
Aber sobald ich sie unter dem
Aspekt betrachtete,
dass Leben
im Loslassen und im Tod
befreit wird,
kam ein tiefer Friede
über meinen Geist.“
Brigitte Meier
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männer aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.