2. Adventssonntag, 10.12.2023
Zum Evangelium nach Markus 1, 1 – 8
1 Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, Gottes Sohn. 2 Wie geschrieben steht beim Propheten Jesaja – Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der deinen Weg bahnen wird. 3 Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn! Macht gerade seine Straßen! -, 4 so trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündete eine Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden. 5 Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen. 6 Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften und er lebte von Heuschrecken und wildem Honig. 7 Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen der Sandalen zu lösen. 8 Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.
Na, schon im Vorweihnachtsstress? Haben Sie schon eine Liste aufgestellt, was Sie für die Feiertage einkaufen möchten, damit ein Festmahl für die Familie auf den Tisch kommt? Mein Vater geht da generalstabsmäßig vor. Zunächst überlegt er sich, gefühlt kurz nach Pfingsten, was es geben soll. Dann werden die Zutaten akribisch ermittelt und dann wird auf Angebote gewartet. Taucht ein entsprechendes Angebot auf, wird es üppig ausgenutzt, gegebenenfalls schon vorgekocht und tiefgefroren und regelmäßig wird dann an Weihnachten ein Menü auf den Tisch gezaubert, was ein Sternelokal entspannt alt aussehen lässt und von dem auch locker noch ein paar Menschen mehr satt werden könnten.
Heuschrecken und wilden Honig gab es noch nie. Schon gar nicht an Festtagen. Anlässlich der Expo 2000 in Hannover kam mein Vater erstmals mit gegrillten Heuschrecken zusammen. Es blieb bei einer Begegnung auf Entfernung. Und auch bei mir selbst spüre ich eine große Überwindung, überhaupt darüber nachzudenken. Johannes der Täufer hat diese Überwindung längst hinter sich. Und während bei Tauffeiern in ähnlicher Weise zum Festmahl eingeladen wird wie an hohen Feiertagen, fällt mir beim Täufer gerade dieses Detail ins Auge. Und es passt ja auch in hervorragender Weise zu seinem Aufruf zur Umkehr. Auch steht ihm offenbar ein enormer Erfolg seiner Bemühungen zu, wenn ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zu ihm zogen, um zu beichten und sich taufen zu lassen.
Interessant finde ich den Titel, den der Evangeliumstext dem Ganzen gibt: Johannes ruft zu einer „Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden“ auf. Das klingt recht sperrig. Und doch trifft es den Sinn der Taufe vielleicht mehr als heute. Ein großer Teil der heutigen Christen wird in einem Alter getauft, in dem sie zur bewussten Begehung einer Sünde noch gar nicht in der Lage sind. Dem biblischen Sinn nach ist das offenbar verfrüht. Die Taufe setzt vielmehr das Bewusstsein voraus, selbst gesündigt zu haben, das Handeln als Sünde zu empfinden und den Entschluss, zukünftig nicht mehr sündigen zu wollen – möglicherweise auch und gerade aus Respekt vor Gott, der die Vergebung der Sünden zusagt. Wenn am Vorabend des 2. Advents und am Sonntagvormittag die Wattenscheider Jugendlichen im Alter von 15-16 Jahren gefirmt werden, sollen sie vor der Salbung ihren Glauben bekennen und das Taufversprechen erneuern. Bei der Firmvorbereitung haben wir uns ganz bewusst mit der Frage beschäftigt, an welcher Stelle im Leben die Teilnehmenden gesündigt haben. Und genauso: An welcher Stelle haben sich andere an mir versündigt. Schließlich erbitten wir alle im Vaterunser: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Immer dann, wenn wir das bewusst beten, wird es auf die Frage eigener und fremder Schuld immer wieder neue Antworten geben. Und im Prinzip ist das nichts anderes als eine Erinnerung an die Aufforderung des Johannes zur Umkehr.
Vielleicht ist es keine Sünde, etwas üppiger zu speisen als nur wilden Honig und Heuschrecken. Aber auf jeden Fall ist es ein guter Gedanke, die Mengen zu überdenken oder mehr Gäste zu bewirten. Letztlich wird der Freudenfaktor am Tisch dann eher steigen. Und insgeheim wäre das doch mal ein wirklicher Grund zum Feiern: Wenn sich alle um die Folgen ihres Handelns Gedanken machten und fortan unter anderen Vorzeichen zum Handeln ansetzen.
In diesem Sinne wünsche ich schon jetzt einen gesegneten Appetit.
Tim Wollenhaupt