Zum Evangelium Mt 28,1-10 zur Osternacht, 09.04.2023
1 Nach dem Sabbat, beim Anbruch des ersten Tages der Woche, kamen Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen.
2 Und siehe, es geschah ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf.
3 Sein Aussehen war wie ein Blitz und sein Gewand weiß wie Schnee.
4 Aus Furcht vor ihm erbebten die Wächter und waren wie tot.
5 Der Engel aber sagte zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, ihr sucht Jesus, den Gekreuzigten.
6 Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht euch den Ort an, wo er lag!
7 Dann geht schnell zu seinen Jüngern und sagt ihnen: Er ist von den Toten auferstanden und siehe, er geht euch voraus nach Galiläa, dort werdet ihr ihn sehen. Siehe, ich habe es euch gesagt.
8 Sogleich verließen sie das Grab voll Furcht und großer Freude und sie eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden.
9 Und siehe, Jesus kam ihnen entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfassten seine Füße.
10 Da sagte Jesus zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen.
Einheitsübersetzung (2016)
Achtung! Achtung! Es folgt eine amtliche Erdbebenwarnung! Ostern kommt!
Ganz schön furchteinflößend mag die Erzählung von Matthäus über den auferstandenen Jesus auf manche Leser*innen wirken. Ostern kündigt sich nicht etwa nach einer langen Planung an, sondern ist plötzlich da und das mit aller Macht und Gewalt. Eben wie ein Erdbeben.
Ostern kommt schlagartig mit einem Erdbeben? Das passt doch gar nicht zusammen?! Die Nachricht über den auferstandenen Christus ist doch eine gute Botschaft, die Freude und Zuversicht bringt. Dagegen bringt ein Erdbeben doch vielmehr Angst und Unsicherheit, da wird die Erde erschüttert und es bricht das auseinander, was man glaubte, das nie zerbrechen kann.
Doch Erdbeben sind geballte Energie, sind Kraft und Ausdruck von Naturgewalt, die von keinem Menschen gezügelt werden kann. Bei solchen Katastrophen geht vieles in die Brüche – auch so manche Gewissheit! Z.B. die Gewissheit, dass alles erdbebensicher ist. Dass wir alles im Griff haben. Dass sich alles beherrschen lässt! Es passiert schon nichts.
So auch die Frauen, die am ersten Tag der Woche zum Grab kommen, um nach dem Rechten zu sehen. Sie haben die Gewissheit: „Wer tot ist, ist tot!“
Und auch Sie und ich haben so manche Dinge, bei denen wir sagen: „Das ist so, und daran wird sich nichts ändern“. „Ich kann Mathe sowieso nicht – Ich werde den Führerschein eh nie schaffen – Mich mag eh keiner – Der wird sich eh nicht ändern…“ Diese Liste könnte man jetzt wahrscheinlich endlich weiterführen und sagen: „Was gewiss ist, ist gewiss. Ändern wird sich da eh nichts!“ Diese Aussagen scheinen felsenfest, unumstößlich, erdbebensicher halt!
Von wegen! Denn so manches Erdbeben hat die Sicherheitsexperten alle Gewissheiten einstürzen lassen.
„Und siehe, es geschah ein gewaltiges Erdbeben“ (Mt 28,2).
Ostern kommt – rauschend – energiegeladen – kraftvoll – und stellt dabei so Einiges auf den Kopf. Sämtliche Gewissheiten, auch die der Frauen am Grab, werden so richtig durchgerüttelt. Die standhaften Soldaten am Grab fallen wie tot um, sie sind machtlos. Sie sind machtlos, da Gott ins Spiel des Lebens eingreift und eine neue Gewissheit schafft: „Nichts ins unmöglich!“, vor allem für Gott nicht. Er schickte einen Engel, der den Grabstein wegwälzte und der über Jesus sagt: „Er ist nicht hier; denn er ist auferstanden“ (MT 28,6). Er erschüttert die Gewissheit der Frauen, dass der Tod unumkehrbar ist.
Die Frauen erfahren eine emotionale Achterbahnfahrt, ein emotionales Erdbeben innerhalb kürzester Zeit: Karfreitag, Passion, Kreuzigung! Und nun ist alles anders: Jesus ist auferstanden! Aus Trauer wird Furcht vor der eigenen Hoffnung. Kann das alles wahr sein? So schnell? Diese und noch mehr Fragen dürften den Frauen möglicherweise durch den Kopf gegangen sein. Dennoch laufen sie los, voller Angst und zugleich voller Freude und Glück, und verkünden als Erste die Botschaft von der Auferstehung Jesu.
Auch Sie, Ihr und ich kennen mit Sicherheit solche emotionalen Erdbeben, die unsere so sicher geglaubten Gewissheiten, unser Haus der Emotionen zum Einsturz bringen und uns zum Zweifeln gebracht haben. Uns aber auch wachgerüttelt haben für das Gute, neuen Türen geöffnet, neue Sichtweisen zu Tage gebracht haben, die unser Leben rückblickend zum Positiven gewendet haben.
Genau das bringt Ostern. Auferstehung! Auferstehung in ein neues, besseres Leben, das von Gott getragen ist. Da, wo wir von ganzem Herzen glauben und auf Gott vertrauen können, da geschieht Ostern. Wir begegnen uns selbst von Neuem, betrachten unser Leben unter neuem Licht. Wir müssen uns nicht einmal bewusst darauf fokussieren, denn Ostern kommt. Ganz egal wo, ganz egal wann, ganz egal in welcher Situation wir uns gerade befinden oder an welchem Ort wir gerade sind. Ostern kommt, wie ein Erdbeben!
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Euch ein frohes und gesegnetes Osterfest
Matthias Parthe