Zum Evangelium (Mt 4,1-11) vom 1. Sonntag in der Bereitungszeit am 26. Februar 2023
1 Dann wurde Jesus vom Geist in die Wüste geführt; dort sollte er vom Teufel versucht werden. 2 Als er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte, hungerte ihn. 3 Da trat der Versucher an ihn heran und sagte: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, dass aus diesen Steinen Brot wird. 4 Er aber antwortete: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt. 5 Darauf nahm ihn der Teufel mit sich in die Heilige Stadt, stellte ihn oben auf den Tempel 6 und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er um deinetwillen, / und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, / damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. 7 Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es auch: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. 8 Wieder nahm ihn der Teufel mit sich und führte ihn auf einen sehr hohen Berg; er zeigte ihm alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht 9 und sagte zu ihm: Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest. 10 Da sagte Jesus zu ihm: Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen. 11 Darauf ließ der Teufel von ihm ab und siehe, es kamen Engel und dienten ihm.
Das Evangelium von der Ver-suchung Jesu stößt ein Thema an, das uns immer neu berührt. Ich denke an den Krieg in der Ukraine. Der Ver-suchung, das Nachbarland zu überfallen und die eigene Macht zu vergrößern, konnte Wladimir Putin anscheinend nicht widerstehen. Die Verantwortlichen des Westens müssen dagegen ver-suchen, Wege zum Frieden zu finden. Und wir Menschen sind immer wieder ver-sucht, aufs Ganze zu gehen und das Perfekte erreichen zu wollen …
Die gegenwärtige Wirklichkeit stellt uns dagegen brutal die Gebrochenheit und Zerbrechlichkeit unserer Welt und ihrer Ordnung vor Augen, wenn ich z.B. an den Krieg in der Ukraine denke oder an die Situation so vieler Menschen in der Türkei und Syrien nach dem Erdbeben… Aber auch wenn ich auf das eigene Lebensumfeld schaue – auch da sehe ich Brüche, Risse und jede Menge Bruchstücke: zerplatzte Träume, durchkreuzte Lebenspläne, zerbrochene Ehen, geschlossene Kirchen, zerstrittene oder gar tote Gemeinden und immer mehr Getaufte, die ihre Kirche verlassen. Und immer wieder Krankheit, Leid und Tod …
Der Aschermittwoch und die Bereitungszeit auf Ostern hin wollen uns helfen, der Ver-suchung (des Ausweichens) zu widerstehen und Wege zu suchen, uns immer neu der Vergänglichkeit und Zerbrechlichkeit allen Lebens zu stellen und diese Wirklichkeit anzunehmen – wie Bernd Mönkebüscher sehr schön aufzeigt:
„Ja, nichts bleibt. Wie tröstlich für alles Schwere, wie schmerzlich für alles Schöne…
Wir formen ein Kreuz aus der Asche, weil wir bei ihr nicht stehen bleiben wollen,
weil sie uns zum Zeichen wird, zum Kreuz-Zeichen.
Wir verbinden unser Leben mit dem Kreuz Jesu, verbinden die Hoffnung damit,
dass Neues wächst: jetzt im Frühling, in der Natur, im eigenen Leben …“
Die Wochen der Bereitungs- und Osterzeit wollen uns die Augen öffnen für das Geheimnis von Ostern:
„Nichts Neues, nichts Heiles, nichts Heilendes kann werden, wo keine Brüche sind:
Das Weizenkorn, das zum neuen Leben erwacht, bricht und zerspringt;
der Menschensohn, der zum Leben für viele wird, wird geteilt und gebrochen.
Nur wo Brüche sind, kann Wachstum sein.
Brüche bedeuten darum nicht nur Zerstörung, auch wenn alles danach aussieht;
Brüche sind vielmehr auch Aufbrüche, Anbrüche des Kommenden:
Wir brechen das Brot im Gedenken an den Auferstandenen, der kommen wird in Herrlichkeit. Wir teilen uns die Bruchstücke unseres Glaubens mit
und finden – überraschend – genug Nahrung darin.“ (Bernd Mönkebüscher, Ein nie endender Anfang. Fragmente zur Fasten- und Osterzeit, Echter Verlag 2019, S. 9ff)
Burkhard Schönwälder