Zum Evangelium Lk 9, 18-24 am 12. Sonntag des Jahreskreises – 19. Juni 2022
18 Und es geschah: Jesus betete für sich allein und die Jünger waren bei ihm. Da fragte er sie: Für wen halten mich die Leute? 19 Sie antworteten: Einige für Johannes den Täufer, andere für Elija; wieder andere sagen: Einer der alten Propheten ist auferstanden. 20 Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete: Für den Christus Gottes. 21 Doch er befahl ihnen und wies sie an, es niemandem zu sagen. 22 Und er sagte: Der Menschensohn muss vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden; er muss getötet und am dritten Tage auferweckt werden. 23 Zu allen sagte er: Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 24 Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben um meinetwillen verliert, der wird es retten.
Im Zeitalter von facebook, instagram und Co. servieren viele Menschen im wahrsten wie im übertragenen Sinne des Wortes ihr Leben auf dem Tablet(t). „Für wen halten mich die Leute? … für wen haltet ihr mich?“ – das sind Fragestellungen, die bei vielen Posts auf diesen Portalen direkt oder indirekt ganz zentral sind. Viele „Likes“ streicheln das Selbstwertgefühl, boshafte Reaktionen können zerstörerisch wirken.
Jesus stellt diese Fragen nicht zum Zweck einer solchen Selbstbeschau oder Selbstvergewisserung. Sein Focus liegt darauf, was die Wahrnehmung seiner Person und seines Wirkens mit den Menschen macht.
Das wird Konsequenzen haben! … dieser Spruch ging mir beim Lesen des Evangeliums durch den Kopf. Denn Jesus macht klar: Es ist nicht damit getan, dass wir erkennen oder zumindest erahnen, dass er nicht nur ein Prophet, sondern darüber hinaus der gesalbte Heilsbringer Gottes ist. Wenn wir dies erkennen und bekennen, dann hat das Auswirkung auf unser Leben. In der Botschaft Jesu geht es um nichts Geringeres als um Leben und Tod. Das Leben, in dem wir uns eingerichtet haben, wird infrage gestellt, Liebgewonnenes und Vertrautes bekommt einen neuen Stellenwert. Erst einmal ganz schön unheimlich dieser Gedanke, oder? Aber, schauen wir auf unsere Welt, auf die gewachsenen Strukturen und Denkmuster – sind viele davon nicht verstörend und zerstörerisch? Bewegen wir uns nicht in vielen Bereichen in Teufelskreisen und schaffen es nicht, ihnen aus eigener Kraft zu entkommen? Der irrsinnige Krieg in der Ukraine ist nur ein – wenn auch besonders offensichtliches – Beispiel (neben allem Leid und aller Zerstörung zusätzlich verstörend und regelrecht pervers ist es, dass die Aggression noch vom Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche gesegnet wird!)
Die Botschaft Jesu durchbricht Teufelskreise und schenkt eine neue Perspektive, die den Blick und das Herz weitet, die uns zeigt, wie wir wirklich und bewusst leben können. Sie sprengt die Ketten unserer engen Grenzen selbst über den Tod hinaus.
„ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben“ (Joh 10, 10b), so bringt es Jesus auf den Punkt.
Komm Heiliger Geist, erfülle die Herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner Liebe!
Maria Schmale