„Ich wünsche uns Osteraugen“
Zum Evangelium (Joh 20,19-31) vom 2. Sonntag der Osterzeit am 24. April 2022
Thomas war nicht dabei, als die Freunde Jesu am Abend des Ostertages zusammen waren und den Auferstandenen gesehen haben. Und er kann es nicht glauben. „Wenn ich seine Wunden nicht berühren kann, glaube ich nicht!“ (vgl. Joh 20,25)
Als die Freunde Jesu eine Woche später wieder beisammen sind, ist Thomas dabei. Und da erscheint der Auferstandene erneut und kommt auf ihn zu und sagt zu ihm: „Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!“ (Joh 20,27) Thomas braucht die persönliche Erfahrung des gekreuzigten und auferstandenen Jesus, um glauben zu können – und Jesus schenkt sie ihm!
Viele Zeitgenossen heute dürften sich in diesem Thomas wiederfinden: Ohne eine persönliche Begegnung / Erfahrung mit Jesus Christus, dem Auferstandenen, können sie nicht wirklich glauben, können sie mit dem Glauben nichts anfangen, ist die Botschaft von Jesus Christus ohne Bedeutung und Kraft für ihr Leben.
Das heutige Evangelium kann uns die Augen dafür öffnen, dass sich der Auferstandene auch heute einem Menschen, der / die nicht glauben kann, zeigt und erfahrbar macht!
Mir fallen dazu die Menschen ein, die in der RTL-Show „Die Passion“ vorige Woche das Lichtkreuz von Rüttenscheid auf den Burgplatz getragen haben und jeweils ein ganz persönliches Glaubenszeugnis abgelegt haben. Einer von ihnen hieß Daniel und bekannte: Noch vor kurzem hätte er über diese Prozession und Menschen, die an Jesus Christus glauben, gespottet. Er sei zwar vor einiger Zeit zur Firmung gegangen, habe aber weder die Vorbereitung noch die Feier selbst besonders ernst genommen. Er habe sich firmen lassen, aber für sein Leben sei das Ganze ohne Bedeutung gewesen. Doch wenige Tage nach der Firmung habe er plötzlich eine unerklärliche persönliche Erfahrung mit diesem Jesus Christus gemacht. Er habe ihn gespürt, sei auf die Knie gefallen und sei seitdem gläubig und ein anderer Mensch. Er lese in der Bibel und erzähle in der Schule davon. Jesus und die Bibel haben mit dieser Erfahrung des Auferstandenen plötzlich Bedeutung für sein Leben bekommen.
Ich wünsche mir und uns neue Augen für den Auferstandenen, „Osteraugen“ eben! Der Theologe Klaus Hemmerle hat sie einmal so beschrieben:
„Ich wünsche uns Osteraugen,
die im Tod bis zum Leben
in der Schuld bis zur Vergebung,
in der Trennung bis zur Einheit,
in den Wunden bis zur Herrlichkeit,
im Menschen bis zu Gott,
in Gott bis zum Menschen,
im Ich bis zum Du
zu sehen vermögen.
Und dazu alle österliche Kraft.“
Burkhard Schönwälder