23.2.2020, 7. Sonntag im Jahreskreis (Mt 5,38-48)
Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!
Liebe Leser*in, liebe Schwestern und Brüder,
die Evangelien der letzten Sonntage haben es in sich.
Hier geht es um das Christ Sein!
Die Bergpredigt aus dem Matthäusevangelium
ist in verschiedene Sonntagsevangelien aufgeteilt worden
und wird uns nun häppchenweise jeden Sonntag aufgetischt.
Beim Besuch der sonntäglichen Eucharistiefeier
kann es bei der Auslegung der einzelnen Häppchen
ziemlich nach hinten losgehen, wenn man vergisst,
dass die Bergpredigt zusammengehört!
Sie ist eigentlich unteilbar!
Nur ungeteilt wird es eine Gute und Frohe Botschaft!
Allein gesehen kann sie im Einzelnen zu einer Drohbotschaft verkommen,
wenn sie falsch ausgelegt wird.
Ich versuche mich einmal in einer Auslegung des heutigen Häppchens
und das geht mitten auf die Zwölf.
Die Zwölf, seine Freundinnen und Freunde oder wir
sollen uns der Lächerlichkeit preisgeben.
Schwächlinge sein, die keinen Widerstand leisten,
auch noch die andere Wange hinhalten.
Geht´s noch?! Ja, geht noch:
Die Nächsten lieben kann jeder, es wird erst etwas Besonderes daraus,
wenn man seine Feinde liebt!
Ja, geht´s noch? Ja, geht noch:
Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!
Jetzt müsste es uns doch dämmern, oder?
Zusammen mit den Antithesen aus dem letzten Evangelium
werden die Hürden für uns, Christen zu sein, unüberwindlich!
Vollkommene Menschen sein?!
Wie Gott selbst vollkommen sein?!
Ist es unmöglich als Mensch IHM nachzufolgen?
Ich glaube nicht, dass Jesus uns eine unüberwindliche Hürde schaffen möchte.
Spricht er nach dem Motto:
Wer sich zu niedrige Ziele steckt,
erreicht niemals die größeren Ziele?
Oder setzt sich Jesus vielleicht sogar humoristisch oder satirisch mit uns
sowie der damaligen und vielleicht sogar heutigen Auslegung
von Religion und Gesetz auseinander?
Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun,
das tut auch ihnen! Darin besteht das Gesetz und die Propheten.
In der goldenen Regel gibt er uns einen alternativen Maßstab des Handelns
der nach menschlichem Ermessen schon genug Herausforderung darstellt.
Über Immanuel Kant bis zum Grundgesetz haben wir diese Regel adaptiert.
Wir sollten unser tägliches Handeln unter diese Regel stellen
und im täglichen Umgang miteinander
das typische Verhalten eines Menschen ablegen,
um menschlicher zu werden.
Macht euch also keine Sorgen…
Sucht aber zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit;
dann wird euch alles andere dazugegeben.
Ich komme zu meiner Kernthese zurück, wie ich IHN verstehe:
Christ Sein heißt, SEIN Reich auf Erden zu errichten,
und auf SEIN Reich durch SEINE Gnade zu vertrauen.
Was von dem können wir beeinflussen?
Wir können an SEINEM Reich auf Erden bauen.
Provokation nicht mit Provokation kontern,
alternative Lösungen suchen,
den Dialog suchen, anstatt den Marschbefehl zu erteilen.
Das eigene Handeln vorher reflektieren!
Im Kleinen, wie im Großen!
Nicht auf Kosten der anderen leben,
die dadurch sogar zu Feinden werden könnten
oder als unsere Nachfahren mit uns hadern?
SEIN Reich anstreben, aktiv und gegen alle Norm!
Wir können eine Gesellschaft schaffen,
die für ALLE lebenswert und lebenswürdig ist.
Jedoch fällt es mir immer schwerer
dies als Christ in dieser Kirche zu tun!
Nicht mein Glaube, aber mein Vertrauen in die Kirche wankt!
Ist diese Kirche das, was sich Jesus auch nur ansatzweise
unter einem Reich Gottes vorgestellt hat
oder unter einer Reform seiner eigenen Religion?
Eine Kirche, in der die eine Hälfte der Menschheit
nicht vorzukommen scheint?
Eine Kirche, die an alten Regeln festhält,
die sich zum Teil selbst im Weg stehen?
Eine Kirche, die in der Vergangenheit und Gegenwart
das Wesentliche aus dem Blick verloren hat,
nämlich das Reich Gottes auf Erden!?
Nur noch um ihrer selbst willen um sich selbst drehend?!
Eine Kirche, die mich für dumm zu verkaufen scheint?!
Zu feige oder zu träge aus den alten Fehlern zu lernen?
Zu spät, um noch etwas ändern zu können?
Wäre da doch noch einmal jemand, der den Tempel aufräumt!
Doch das Papstwort dieser Woche war für mich ein erneuter Schlag
mitten auf die Zwölf! Bittere Enttäuschung!
Bin ich hier noch richtig?
Herr, lass mich auf das Wirken des Geistes vertrauen
und gib mir Kraft, um weiterhin auf deine Gnade zu bauen.
Gib mir die Fähigkeit deine Botschaft als Ganzes zu verstehen!
Glaube, Liebe und Hoffnung
Zum Schluss ein letztes Häppchen aus der Bergpredigt:
Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.
Dein Reich komme. Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Thomas Schlott