… Der aber, der nach mir kommt, ist stärker als ich, ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe auszuziehen.
Zum Evangelium Mt 3, 1-12 am 2. Adventssonntag – 08.12.2019
Als ich den Evangeliums Text zur Hand nahm überkam mich urplötzlich dieser Gedanke. Da ging es zwar nicht um Pharisäer oder Sadduzäer, nicht um Johannes den Täufer und seine Predigt am Jordan, aber es ging um Umkehr. Und es ging darum, dass es so nicht weitergehen könne, dass die Axt schon an die Wurzel der Bäume gelegt ist, und es auf diese Weise keine Zukunft geben wird – zumindest keine in Frieden und Sicherheit -, wenn sich nicht etwas ganz Grundlegendes ändert. Es waren andere Worte als die des Johannes, modernere als die eben im Evangelium. Sie waren nicht so drastisch, aber deshalb nicht minder deutlich und knallhart. Wie hieß es da in der Enzyklika EVANGELII GAUDIUM?:
„Die Notwendigkeit, die strukturellen Ursachen der Armut zu beheben, kann nicht warten, nicht nur wegen eines pragmatischen Erfordernisses, Ergebnisse zu erzielen und die Gesellschaft zu ordnen, sondern um sie von einer Krankheit zu heilen, die sie anfällig und unwürdig werden lässt und sie nur in neue Krisen führen kann… Solange die Probleme der Armen nicht von der Wurzel her gelöst werden indem man auf die absolute Autonomie der Märkte und der Finanzspekulation verzichtet und die strukturellen Ursachen der Ungleichverteilung der Einkünfte in Angriff nimmt, werden sich die Probleme der Welt nicht lösen und kann letztlich überhaupt kein Problem gelöst werden. Die Ungleichverteilung der Einkünfte ist die Wurzel der sozialen Übel…
Wie viele Worte sind diesem System unbequem geworden! Es ist lästig, wenn man von Ethik spricht, es ist lästig, dass man von weltweiter Solidarität spricht, es ist lästig, wenn man von einer Verteilung der Güter spricht, es ist lästig, wenn man davon spricht, die Arbeitsplätze zu verteidigen, es ist lästig, wenn man von der Würde der Schwachen spricht, es ist lästig, wenn man von einem Gott spricht, der einen Einsatz für die Gerechtigkeit fordert.“
Wer immer noch behauptet, dass ungleiche Löhne in unserer Gesellschaft und in unserer Welt notwendig und gerechtfertigt wären, der mag vielleicht wirtschaftlich argumentieren, er mag für sich selbst vielleicht sogar in Anspruch nehmen, auf einem christlichen Wertefundament zu stehen. Eines kann er nicht sagen, mit Fug und Recht allerdings nicht mehr behaupten:
Dass solch ein Denken christlich sei. Dass so etwas mit christlicher Soziallehre in Einklang stünde, das wird jetzt hoffentlich niemand mehr erklären wollen.
Advent hat nichts mit Glühweinpyramiden zu tun und ganz wenig mit Weihnachtsmärkten, aber sehr viel, Advent hat sehr viel zu tun mit Umkehr.
Josef Winkler