Zum Evangelium Lk 17, 5-10 am 27. Sonntag im Jahreskreis, 6.10.2019
5 Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben!
6 Der Herr erwiderte: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen.
7 Wenn einer von euch einen Knecht hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Komm gleich her und begib dich zu Tisch?
8 Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich und bediene mich, bis ich gegessen und getrunken habe; danach kannst auch du essen und trinken.
9 Bedankt er sich etwa bei dem Knecht, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde?
10 So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.
Ich muss sagen, auf ersten Blick reibe mich am heutigen Evangelientext. Der geschilderte Umgang zwischen Herr und Knecht stößt mir auf. Wenn ich Menschen engagiere, für mich zu arbeiten, sei es für Hilfe im Haushalt, sei es als Unterstützung bei der Pflege meiner alten Schwiegermutter, sei es für Reparaturen rund ums Haus, so bezahle ich natürlich ihre Dienstleistung. Das heißt für mich aber nicht, dass ich sie damit als „Knechte“ betrachte, die mit der Ausführung ihrer Arbeit ihre Schuldigkeit getan haben. Für mich sind das Menschen, die ihre Fähigkeiten in meinen Dienst stellen, und die ich um ihrer selbst Willen und ihrer Dienstleistung für mich wertschätze. Ich freue mich darüber, dass sie mir helfen. Dies bringe ich dann auch zum Ausdruck. Denn auch wenn die Menschen für ihre Arbeit mein Geld erhalten, mag ich sie nicht auf ihre Dienstleistung reduzieren. Denn sie haben mehr getan als ihre Schuldigkeit, sie haben mein Leben erleichtert. Und sie sind Menschen, die ihnen geschenkte Talente einsetzen statt sie ruhen zu lassen. (Natürlich, Ausnahmen gibt es auch da. Das ist dann aber für beide Seiten eine unbefriedigende Situation und man geht getrennter Wege. Ausnutzen lassen muss sich niemand.)
Immer wieder neu lese ich den Evangelientext, denn so ein herabwürdigender Umgang mit Menschen passt nicht zu dem Jesus Christus, der gerade die aufrichtet, die nach menschlichen Maßstäben ganz unten sind. Und nun lese ich einen gewissen Ärger, eine gewisse Genervtheit Jesu über die Passivität und Bequemlichkeit der Apostel darin. „Stärke unseren Glauben!“ bitten die Apostel. Ich ertappe mich dabei, dass ich das auch manchmal erbitte. Jesus antwortet den Aposteln, dass schon ein Senfkorn Glaube ausreicht, wirkmächtig zu handeln und Dinge in Bewegung zu bringen, die man nach menschlichen Maßstäben nicht bewerkstelligen kann. Man muss es nur tun!
Das gibt mir Stoff zum Nachdenken! Wie oft gehe ich Dinge nicht an, weil ich müde geworden bin und denke, dass es ja doch nichts bringt oder nur der sprichwörtliche Tropfen auf den heißen Stein ist. Wie resigniert sind wir oft als Gemeinde, Pfarrei, Kirche, weil der Gedanke wie Gift wirkt, dass wir die kommenden Dinge eh nicht beeinflussen können. Das gleiche gilt für gesellschaftliche Prozesse. Da gibt es dann Reaktionen auf die gefühlte Hilflosigkeit, die sich von ernsthafter Auseinandersetzung über Aktionismus über Passivität bis hin zu zerstörerischer Wut in Wort und Tat erstrecken.
Man kann über die Menschen, die für Veränderungen auf die Straßen und Plätze gehen, unterschiedlicher Ansicht sein. Sicher aber ist, dass sie etwas bewegen, etwas anstoßen. Wichtig dabei ist, dass wir uns gegenseitig zuhören, die unterschiedlichen Perspektiven respektieren, das brennende Herz mit einem klaren Kopf verbinden und aus diesem Anstoß konstruktive und komplexe Lösungen entwickeln, deren Einvernehmen ist, an einer besseren Welt (und eine bessere Kirche) zu arbeiten – miteinander, in Respekt für einander und für diesen wunderbaren Planeten, der uns geschenkt ist.
„Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn …“
In diesem Sinne eine hoffnungsvolle und ermutigende neue Woche wünscht
Maria Schmale