Zum Evangelium Lk 17, 11-18 am 27. Sonntag im Jahreskreis, 13.10.2019V
11 Und es geschah auf dem Weg nach Jerusalem: Jesus zog durch das Grenzgebiet von Samarien und Galiläa. 12 Als er in ein Dorf hineingehen wollte, kamen ihm zehn Aussätzige entgegen. Sie blieben in der Ferne stehen 13 und riefen: Jesus, Meister, hab Erbarmen mit uns! 14 Als er sie sah, sagte er zu ihnen: Geht, zeigt euch den Priestern! Und es geschah, während sie hingingen, wurden sie rein. 15 Einer von ihnen aber kehrte um, als er sah, dass er geheilt war; und er lobte Gott mit lauter Stimme. 16 Er warf sich vor den Füßen Jesu auf das Angesicht und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samariter. 17 Da sagte Jesus: Sind nicht zehn rein geworden? Wo sind die neun? 18 Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden? 19 Und er sagte zu ihm: Ste h auf und geh! Dein Glaube hat dich gerettet. ( Einheitsübersetzung – 2016)
Jesus befindet sich auf dem Weg nach Jerusalem, auf dem Weg zur Erlösung. Auf diesem Wege kommen ihm zehn Aussätzige entgegen, die Jesus um Erbarmen bitten. Dieser schickt sie mit „Geht“ zu denjenigen, die darüber entscheiden, ob jemand rein oder unrein ist, zu Priestern. Man könnte meinen, die Heilung von zehn Aussätzigen müsste doch von so einer Relevanz und Bedeutung sein, dass sie ausführlich beschrieben wird, doch nichts davon passiert. Die Heilung hat stattgefunden. Punkt – Ende – Aus!
Aber das eigentlich Zentrale findet erst nach der Heilung statt. Einer der zehn geheilten Männer dreht sich um und wendet sich Jesus zu, er wirft sich vor ihm nieder und identifiziert ihn so als Gott. Und dieser Glaube an Jesus führt zu seiner Rettung, wobei nicht die körperliche Rettung gemeint ist, denn diese ist bereits geschehen. Die anderen neun Männer sind zwar körperlich rein geworden, doch haben sie die Chance zur Umkehr und so zum Heil nicht genutzt, nur der Samariter, ein Fremder, erfährt durch seinen Glauben zur endgültigen Rettung. Kurzum kann man die Botschaft des Evangelisten in der Stelle mit den folgenden Worten zusammenfassen:
Alle, auch die Fremden, können in der Hinwendung zu Jesus im Glauben Heil erfahren.
Eine Botschaft die Hoffnung macht und doch auch einschränkend wirkt, nur diejenigen, die sich zu Jesus hinwenden, können endgültiges Heil erfahren. Ich habe da gerade meine Schülerinnen und Schüler aus dem Religionsunterricht im Kopf, von denen ein Großteil religiösen oder kirchlichen Inhalten, Riten, Aussagen etc. sehr kritisch gegenübersteht oder sogar offen ablehnt. Heißt das jetzt, dass sie kein Heil erfahren? Auch wenn sie sich mit religiösen Themen beschäftigen? Ich denke nicht!
Ich verstehe dieses Evangelium so, dass wirklich ALLE Heil erfahren können, auch unabhängig ihrer religiösen Einstellungen und Überzeugungen. Der Aspekt der Dankbarkeit ist in unserer zum Teil stark säkular geprägten Gesellschaft zentraler als der Begriff des Glaubens.
Wenn ich dies jetzt wieder auf meine Schülerinnen und Schüler übertrage, ergibt sich da Dankbarkeit an vielen Stellen und auch der Prozess des Unterwegsseins, wie es Lukas beschreibt, ist gegeben. Die Schülerinnen und Schüler befinden sich auf dem Weg ins Berufsleben, dabei stehen sie an ganz unterschiedlichen Stellen, so haben sie die Ausbildung gerade erste begonnen oder stehen kurz vor ihrem Abschluss. Und einen gewissen Teil dieses Weges teilen sie mit mir vor, während oder auch nach dem Unterricht, und Dankbarkeit zeigt sich da in ganz unterschiedlichen Formen und wenn es nur die Hilfe beim Tragen oder das Aufhalten einer Tür ist.
Aber auch die gegenseitige Wertschätzung und das Teilen von eigenen Bedürfnissen, Überzeugungen oder Einstellungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Ich erfahre da eine tiefe Dankbarkeit, auch wenn sie nicht immer als solche zu erkennen ist und ich bin mir sicher, dass auch die Schülerinnen und Schüler Dankbarkeit spüren, auch wenn sie das nur sehr selten zeigen. So zeigt sich Dankbarkeit aber auch an einem Ort, an dem Freud und Leid oftmals beieinander liegen.
Am Samstag (12.10.2019) startet in der Pfarrei St. Gertrud von Brabant die Firmvorbereitung und circa 65 junge Frauen und Männer bereiten sich auf ihre Firmung vor. In unterschiedlicher Gruppenstärke, mit unterschiedlichen Katechetinnen und Katecheten, von jung bis älter, an verschiedenen Orten des Bistums und mit ganz unterschiedlichen Schwerpunkten lernen diese jungen Menschen sich neu zu entdecken. Auf diesem „Weg“ der Firmvorbereitung lernen sie viele neue Menschen kennen, seien es andere Jugendliche, die sich ebenfalls auf die Spendung des Sakraments vorbereiten, seien es die Haupt- und Ehrenamtlichen, die sie auf diesem Weg begleiten oder seien es Fremde mit ganz verschiedenen Charakteren und Persönlichkeiten.
Sie lernen Menschen kennen, die für eine Sache brennen und sich dafür begeistern oder aber auch Menschen, die man im Sinne des heutigen Evangeliums, als Aussätzige bezeichnen könnte, kranke Menschen, alte Menschen oder Menschen mit Behinderungen.
Diese Menschen haben oftmals mit Problemen zu tun, die für uns gar keine Probleme sein mögen, die für diese Personen aber zum Teil so hohe Hürden darstellen, dass sie auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen sind, um diese Hürden zu bewältigen.
Die Jugendlichen lernen so auf ganz unterschiedliche Art und Weise kennen, was es heißt, Hilfe zu leisten aber auch Hilfe zu empfangen, und so kommen sie auch immer mit Dankbarkeit in Berührung. Dankbarkeit von Menschen, die unsere Gesellschaft heutzutage an den Rand drängt und die Bezeichnung der „Aussätzigen“ nur allzu gut auf diese Menschengruppen passen würde. In dem Erfahren von Hilfe und Dankbarkeit haben die jungen Menschen, die sich auf den Empfang des Heiligen Geistes vorbereiten, die Möglichkeit, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und ein Verständnis zu entwickeln, was es heißt, von ganzem Herzen dankbar zu sein und vielleicht finden sie so auch einen Weg, sich mit ihrem Glauben zu befassen und diesen neu zu entdecken.
Mögen alle diese Menschen – ob jung oder alt, ob gesund oder krank – auf ihren ganz unterschiedlichen Wegen, die sie bestreiten, Dankbarkeit erfahren.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Euch einen frohen und gesegneten Sonntag
Matthias Parthe