Zum Evangelium Lk 24,1-12 (Osternacht, 21. April 2019)
Die Frohe Botschaft der Osternacht lässt uns nicht den Auferstandenen schauen. Wir stehen mit den Frauen ratlos in der Grabhöhle – aber der Leichnam Jesu, den sie hatten salben wollen, ist nicht da!
Erst die beiden Männer „in blitzendem Kleid“ können ihnen – und uns – die Augen und Herzen für das Geheimnis des Offenkundigen öffnen:
„Was sucht ihr den Lebenden bei den Toten?
ER ist nicht hier,
sondern er ist auferstanden.
Erinnert euch an das, was er euch gesagt hat,
als er noch in Galiläa war:
Der Menschensohn muss … ausgeliefert und gekreuzigt werden
und am dritten Tag auferstehen.
Da erinnerten sie sich an seine Worte.“ (Lk 24,6-8)
Das ist der entscheidende Schlüssel des Evangelisten Lukas zum „Verstehen“ des Ostergeschehens:
ER lebt! Ohne Erinnerung an die Verkündigung Jesu, ohne die glaubende Mitwirkung und aktualisierende Deutung der Jüngerinnen – und aller späteren Hörerinnen und Hörer des Evangeliums – bleibt die Auferweckung Jesu unfassbar und unglaubhaft. Ohne all dies wird der Auferweckte selbst dann, wenn er sich zeigt, nicht als Auferweckter erkannt, sondern mit einem Geist verwechselt (vgl. Lk 24,37-40).
Und diesen Schlüssel erhalten als erste die Frauen – Maria von Magdala, Johanna und Maria, die Mutter des Jakobus! Die Frauen wissen, was zu tun ist, und gehen im Morgengrauen zum Grab. Sie haben das richtige Gespür für den rechten Ort. Schon auf dem Weg seines Leidens und Sterbens sind sie bei Jesus, auch unter dem Kreuz. Während sich die Apostel verstecken und vermutlich über das Geschehene diskutieren, gehen die Frauen hin, um den Leichnam zu salben. So sind sie als erste an dem Ort, wo ihnen – und uns – das Wunder der Auferstehung erfahrbar werden kann. Sie sind zur Stelle. So werden sie die Apostelinnen für die Apostel. Die aber halten das, was die Frauen sagen, „für Geschwätz und glaubten ihnen nicht“ (v. 11).
Vielen Zeitgenossen mag es heute ähnlich ergehen. Und bei den Worten im Glaubensbekenntnis „Ich glaube … an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen“ kommen die Zweifel.
Am offenen Sarg eines lieben Verstorbenen bedrängen uns vielleicht Fragen und Zweifel. Da kann mir der Schlüssel helfen, den uns Lukas auch in dieser Osternacht hinhält: „Erinnert euch an das, was ER euch gesagt hat …!“ – Das ist und bleibt meine und unsere Hoffnung – damals wie heute.
Burkhard Schönwälder
Ein Gedicht des Poeten und Priesters Andreas Knapp begleitet mich:
osterspaziergang
in aussichtsloser nacht
ein totenlicht ans grab bringen
aufbruchstimmung am wegrand
es knospen die ersten kreuzblütler
wer aber wälzt
den stein vom herzen
der neue morgen öffnet mir
engelgleich die augen
bei licht besehen
ist das grab kein endlager mehr
überwältigt betrete ich
den aufwachraum ins unbegrenzte
Andreas Knapp