Pfingstsonntag, 20.05.2018
Zum Evangelium nach Johannes, 20, 19-23 / Johannes 15, 26-27 und 16, 12-15
Pfingsten ist nicht nur ein hohes Fest, gemeinhin als der „Geburtstag der Kirche“ bezeichnet, sondern es liefert auch zwei Evangeliumstexte. In beiden steht der auferstandene Jesus inmitten seiner Jünger und redet zu ihnen. Im einen Evangelium spricht er sie gleich zwei Mal mit dem Friedensgruß an, in beiden geht es um das, was wir Heiligen Geist nennen. Und es geht um den Auftrag, hinauszugehen und Zeugnis abzulegen. Wenige Worte enthalten einen großen Auftrag.
Wenn man die vergangenen Wochen mit einem Wort zusammenfassen will, dann ist es eine Zeit der Osterfreude. Die Gemeinde Christi feiert die Auferstehung, sie feiert den Sieg über den Tod und die Gnade ewigen Lebens bei Gott. Dem Evangeliumstext zufolge war das bei den Jüngern Jesu allerdings keine endlose Party, im Gegenteil. Im Verborgenen trafen sie sich, aus Furcht halten sie die Türen verschlossen. Das kann das Gemeinschaftsgefühl verstärken. Offenkundig ist dieser Erfolg aber noch nicht eingetreten.
Dafür tritt Jesus in ihre Mitte. Der Beweis für den Sieg über den Tod steht inmitten der Jünger. Aber nicht als Objekt des Staunens, sondern als Auftraggeber. Ob nun der Heilige Geist durch Anhauchen oder als eigenständige Kraft zu einem späteren Zeitpunkt die Jünger durchdringt, kann letztlich gleich bleiben. Entscheidend ist, dass Jesus unmissverständlich die Gemeinschaft in der stillen Kammer aussendet. Die Jünger sollen handeln – und zwar mit und an allen anderen Menschen. Das kann man als „Zeugnis ablegen“ bezeichnen oder auch als „Vergeben“ oder „Vergeben verweigern“. Allein Christ sein, geht offenbar nicht, Christ nur unter Christen sein, ist ebenso nicht im Sinne Gottes.
Christen stellen sich. Sie stellen sich Fragen, sie äußern ihre Überzeugung und sie vertreten ihre Handlung. Heiliger Geist ist dann so etwas wie ein Selbstbewusstsein. Dass dieses Wirken in allererster Linie vergnügungssteuerpflichtig sein wird, hat Jesus nie behauptet. Vielleicht liegt darin der Grund, dass das Pfingstwunder in vielen bildhaften Darstellungen mit Flammen illustriert wird. Hier brennen Menschen für das, was sie tun, aber es kann auch im Umgang mit dem Feuer gefährlich werden.
Vor dem II. Vatikanischen Konzil endete jede Messe mit den Worten „Ite! Missa est!“ Eine Aufforderung an die Gemeinde war das, übersetzt heißt es so viel wie „Geht hinaus, ihr seid gesendet!“ Nicht das Geschehen in der Kirche, in der Feier eines Gottesdienstes ist das allein Wichtige, sondern das christliche Handeln im Alltag. Heute heißt es bei der Entlassung der Gemeinde: „Gehet hin in Frieden.“ Das ist etwas zurückhaltender formuliert, aber ganz genau so radikal gemeint: Ihr habt den Frieden Gottes empfangen, geht und tragt diesen Frieden in eure Welt. An diesem Festtag feiert die Kirche nicht nur Geburtstag. Sie feiert eigentlich, dass sie nicht auf eine sonntägliche Stunde begrenzt ist, sondern dass Christen von einem bestärkenden Geist durchdrungen an jedem Tag begleitet sind. Mit dieser geistreichen Kraft lässt sich gut Zeugnis ablegen.
Bleiben Sie gesegnet und im Geist bestärkt
Tim Wollenhaupt