Zum Evangelium Mt 25, 14-30 am 33. Sonntag im Jahreskreis (19.11.2017)
14 Es ist wie mit einem Mann, der auf Reisen ging. Er rief seine Diener und vertraute ihnen sein Vermögen an. 15 Dem einen gab er fünf Talente Silbergeld, einem anderen zwei, wieder einem anderen eines, jedem nach seinen Fähigkeiten. Dann reiste er ab. Sofort 16 ging der Diener, der die fünf Talente erhalten hatte hin, wirtschaftete mit ihnen und gewann noch fünf weitere dazu. 17 Ebenso gewann der, der zwei erhalten hatte, noch zwei weitere dazu. 18 Der aber, der das eine Talent erhalten hatte, ging und grub ein Loch in die Erde und versteckte das Geld seines Herrn. 19 Nach langer Zeit kehrte der Herr jener Diener zurück und hielt Abrechnung mit ihnen. 20 Da kam der, der die fünf Talente erhalten hatte, brachte fünf weitere und sagte: Herr, fünf Talente hast du mir gegeben; sieh her, ich habe noch fünf dazugewonnen. 21 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! 22 Dann kam der Diener, der zwei Talente erhalten hatte, und sagte: Herr, du hast mir zwei Talente gegeben; sieh her, ich habe noch zwei dazugewonnen. 23 Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du tüchtiger und treuer Diener. Über Weniges warst du treu, über Vieles werde ich dich setzen. Komm, nimm teil am Freudenfest deines Herrn! 24 Es kam aber auch der Diener, der das eine Talent erhalten hatte, und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; 25 weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Sieh her, hier hast du das Deine. 26 Sein Herr antwortete und sprach zu ihm: Du bist ein schlechter und fauler Diener! Du hast gewusst, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nicht ausgestreut habe. 27 Du hättest mein Geld auf die Bank bringen müssen, dann hätte ich es bei meiner Rückkehr mit Zinsen zurückerhalten. 28 Nehmt ihm also das Talent weg und gebt es dem, der die zehn Talente hat! 29 Denn wer hat, dem wird gegeben werden und er wird im Überfluss haben; wer aber nicht hat, dem wird auch noch weggenommen, was er hat. 30 Werft den nichtsnutzigen Diener hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird Heulen und Zähneknirschen sein.
Viele Gleichnisse im Matthäusevangelium sind schnell zu erfassen und leicht zu ertragen.
In Ihnen zeichnet Jesus Christus ein Bild vom Reich Gottes, das eine barmherzige gnädige Wärme vermittelt.
Dieses Gleichnis von den anvertrauten Talenten zeigt einen Blick in ein ganz anderes Reich Gottes. Hier ist nicht von Barmherzigkeit die Rede, sondern hier straft der HERR!
Auf den ersten Blick scheint es hier nicht um das Reich Gottes, sondern um die „Höhle der Löwen“ zu handeln,
in denen ein profitgieriger Gott zu herrschen scheint!?
Es werden diejenigen beLOHNT, die aus Geld mehr Geld machen!
Da bekommen „paradise papers“ eine ganz theologische Bedeutung!
Das könnte eine Lesart sein, die doch eine Bestätigung unseres heutigen Wirtschaftens wäre!
Im gesamten Kontext der Gleichnisreden, der Bergpredigt oder Feldrede sowie
der zahlreichen theologischen Streitgespräche Jesu ist diese Lesart aber nicht zu halten.
In einer zweiten Lesart müssen wir den Begriff „Talente“ wörtlich nehmen.
Es geht hier um Talente, um Begabungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten, Kompetenzen,
die uns allen mitgegeben wurden.
Jeder Mensch hat die Gabe verschiedener Begabungen, die ihm mittels seiner Gene von seinen Eltern weitergegeben worden sind,
die ihm durch Sozialisation vermittelt worden sind, die der Mensch durch Bildung, Fortbildung und Weiterbildung erlernt hat…
Talente, die uns von Gott anvertraut worden sind.
Nicht jeder Mensch ist gleich, Menschen sind zum Glück unterschiedlich und haben doch alle den gleichen Wert.
Wir haben unterschiedliche und unterschiedlich viele Begabungen mitbekommen.
Wer kennt nicht ehemalige Mitschüler*innen, die einfach alles und das mit Links konnten, während man sich mächtig mühen musste.
Oder Kolleginnen und Kollegen, denen einfach alles gelingt.
Das hat vielleicht mit bestimmten Begabungen zu tun oder auch damit, dass man selbst ganz andere Begabungen hat, die uns an anderer Stelle herausfordern.
Bei mir war es immer so, dass ich so leidenschaftlich Messdiener- und KJG-Arbeit gemacht hatte, dass einfach nicht mehr genug Zeit für Mathematik geblieben war;-)
Talente sind einfach unterschiedlich verteilt.
Und unsere Talente werden sehr unterschiedlich gefördert. Unser Bildungssystem fördert die Talente von Kindern sehr unausgewogen.
Ein Kind aus einer Akademikerfamilie wird heute immer noch mit besseren Chancen geboren, einen hohen Bildungsabschluss zu machen,
als ein Kind aus einer Familie ohne Akademikereltern oder gar einer Migrantenfamilie.
Das ist eine gesellschaftliche Realität, die nicht schön, aber real ist.
Eine Ursache, warum Fertigkeiten und Kompetenzen, Talente, ungleich verteilt sind.
Wie im heutigen Evangelium; der eine hat fünf Talente, der andere zwei und ein anderer eines.
Das heutige Evangelium berichtet von SEINEM ganz zentralen Auftrag:
Macht etwas aus dem, was euch mitgegeben worden ist. Nutzt eure Talente!
Genesis 1,28 lautet: Gott segnete sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde,
unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen.
Es ist die Frage angebracht, wie gut die Übersetzungen „unterwerfen“ und „herrschen“ sind,
es geht hier aber darum, dass uns diese Welt, SEINE Schöpfung, von Gott anvertraut worden ist,
um mit unseren Talenten in dieser Welt zu wirken.
Bedenken wir doch einmal, wie wir mit unseren Talenten umgehen?
Haben wir unsere Talente vergraben, wenn es um die Frage geht, wie wir mit diesem einen blauen Planeten umgehen?
Haben wir unsere Talente vergraben, wenn es um die Frage geht, allen Menschen Wasser und Nahrung zu ermöglichen?
Haben wir unsere Talente vergraben, wenn es um die Frage geht, Menschen ein Leben in Sicherheit und Frieden zu ermöglichen?
Haben wir unsere Talente vergraben, wenn es um die Frage geht, allen Menschen gleiche Bildungschancen zu gewähren?
Haben wir unsere Talente vergraben, wenn es um die Frage geht, mit anderen um eine Sache angemessen zu diskutieren, um Lösungen zu finden?
Haben wir unsere Talente vergraben, wenn es um die Frage der Wahrheit geht?
Haben wir unsere Talente vergraben, wenn es um die Frage der Kirche geht?
Haben wir unsere Talente vergraben, wenn es um die Frage geht, …?
HERR gib uns die Fähigkeit, unsere Talente zu erkennen und sie für andere und uns selbst zu mehren und einzusetzen.
HERR gib uns die Kraft, nicht von der Bequemlichkeit der Tatenlosigkeit überwältigt zu werden,
sondern mit Freude an DEINEM Reich für alle Menschen zu bauen.
HERR gib uns den Mut, Ruhe zu finden im Gleichgewicht DEINER Schöpfung.
Thomas Schlott