- Sonntag im Jahreskreis, 17.09.2017
Zum Evangelium nach Matthäus 18, 21 – 35
Stellen Sie sich vor, Sie bekommen Post von der Sparkasse oder Ihrer Bank und darin steht: „Sie haben Ihre fälligen Schulden bei uns bislang noch nicht beglichen. Schwamm drüber.“ Bei dem einen oder anderen Empfänger eines solchen Schreibens wäre vermutlich ein Freudentanz angesagt, andere wiederum könnten erneute Ausgaben planen und die Realisten werden nüchtern feststellen: Einen Schwamm-drüber-Brief wird es nie geben.
Naja, manchmal schon. Im bürgerlichen Recht kennen wir das Insolvenzverfahren. Nach einer so genannten Wohlverhaltensphase kann der überschuldete Schuldner eine Restschuldbefreiung erlangen. Kommt einem das nicht irgendwie bekannt vor? Ist das nicht so wie in dem heutigen Evangelium mit dem Diener, dessen Herr erkannt hat, dass der Diener die angehäuften Schulden niemals wird abtragen können? Und doch bittet der Diener nicht nur um Geduld, sondern sagt seine Rückzahlung zu. Wir können es so deuten: Der Schuldner will nicht die Befreiung von der Schuld, sondern Geduld. Der Herr des Dieners nimmt an, der Diener sei redlich und das reicht ihm.
Ein Mensch hat bei Gott keine Schulden. Das einzige, was wir von Gott erlangen, ist das Leben. Wir können uns dieses Leben auch nicht dauerhaft erkaufen, das Leben auf Erden wie auch das Leben bei und mit Gott kann uns nur geschenkt werden. Wenn wir aber etwas können, dann mit diesem Lebensgeschenk respektvoll umgehen. Unterlassen wir das, könnte daraus so etwas entstehen wie eine Schuld gegenüber Gott.
Sind wir redlich in unserem Leben? Erweisen wir uns stets würdig des Geschenkes? Wohl kaum. In uns flammt eher immer wieder etwas von dem nur scheinbar redlichen Diener auf. Wir begegnen nicht jedem Menschen vorbehaltlos in Liebe. Wir messen mit mehrererlei Maß und erlassen dem Einen Großes, bestehen beim Anderen aber auf dem Prinzip. Hier wird uns nun die Frage präsentiert: Wenn ich, Gott, Dir Deine Fehler nachsehe und vergebe – müsstest Du das nicht auch bei denen tun, die Dir unrecht getan haben? Wir preisen Gottes Liebe und Großzügigkeit in jedem Gottesdienst. Obwohl wir weder die eine noch die andere verdienen. So etwas nennt man Gnade. Die göttliche Version der Restschuldbefreiung.
Gott, Gnade vor Recht. Unverdient. Und doch geschenkt. Gott sei Dank.
Tim Wollenhaupt