- Sonntag der Bereitungszeit, 12.03.2017
Zum Evangelium nach Matthäus 17, 1-9
Seit Jahren habe ich ständig eine kleine Taschenlampe bei mir. Und ich habe mich so daran gewöhnt, dass ich automatisch dorthin greife, wo sie normalerweise ist. Da ist sie aber nicht, wenn ich einen Anzug tragen muss. Und sofort merke ich, wie sehr ich mich auf die gewohnte partielle Erleuchtung verlasse. Ein platter Vergleich? Nun, mal sehen.Ganz ähnlich, nur viel größer, geht es im heutigen Evangelium zu. Jesus wird auf dem Berg ins Licht gestellt, Gott betont, dass Jesus sein Sohn sei, der Auserwählte. Von der Formulierung gleichen Gottes Worte dem Geschehen bei der Taufe Jesu durch Johannes. Auch dort heißt es: „Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe“ (Mt 3, 17). Doch im heutigen Evangeliumstext geht es noch weiter: „auf ihn sollt ihr hören.“ Gott beleuchtet nicht nur Jesus als den Auserwählten, sondern Jesu Rolle als Vermittler des Wortes strahlt auf.
Was wichtig ist, steht im Licht. Der Star auf der Bühne, das Gemälde an der Wand, die schönsten Bücher im Regal und die Bleikristallgläser in der Wohnzimmervitrine. Ganz besonders kommt das alles zur Geltung, wenn alles andere dunkel ist. Und ganz genau so feiern wir Ostern. Die Gemeinde versammelt sich im Dunklen und entzündet ein Osterfeuer. In eine dunkle Kirche zieht die Osterkerze ein. Von ihr verteilt sich das Licht auf die Gläubigen. Und richtig hell wird es, wenn das Evangelium hineingetragen und verkündet wird. In unserer Kirche umstehen Kinder mit entzündeten Kerzen das Evangelium und mit ihm halten sie die Kerzen in die Höhe. Etwas von diesem biblischen Geschehen leuchtet also immer wieder auf.
Jesus ist nicht allein auf dem Berg im Licht. Petrus und Johannes begleiten ihn und ganz offensichtlich empfinden Petrus und Johannes das Geschehen nicht als Ausleuchtung des Wesentlichen, sondern sie fürchten sich vor dem Licht. Jesus ermutigt sie, keine Angst zu haben – immer wieder muss er feststellen, dass der Glaube seiner Jünger ausbaufähig ist. Wie wäre es mir gegangen, wenn ich statt Petrus oder Johannes dabei gewesen wäre? Hätte ich entspannt zur Kenntnis genommen, dass da ein himmlisches Siegel auf den Auserwählten gedrückt wird? Wäre ich mit dieser Sicherheit im Rücken vom Berg hinabgestiegen und wäre mir bewusst gewesen, dass nichts mehr passieren könne? Wohl kaum. Und deshalb richten sich Jesu Worte „Steht auf, habt keine Angst!“ nicht nur an Petrus und Johannes. Sie erreichen auch mich. So vertraut es mir ist, das gerade Wichtige auszuleuchten, so unsicher bleibe ich dennoch mitunter. Es braucht Zeit, um das Wort Gottes zu verstehen. Entsprechend nimmt Jesus die eigene Auferstehung vorweg und gebietet den beiden: „Erzählt niemand von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden ist.“ Diese Aufforderung hätte auch bei mir reichlich Zeit gebraucht.
Jede Kerze am Altar, die hellen Gewänder von Zelebranten und Messdienern, ein Tauf-, Kommunion- oder Hochzeitskleid erzählen von dem Licht, in das Gott Jesus kleidet. Mit der Taufe sind wir in dieses Licht hineingenommen. Auch in die Verantwortung, die Welt heller zu hinterlassen, als wir sie vorgefunden haben. Aber ebenfalls in die Liebe Gottes. Ein gutes Licht.
Ihnen wünsche ich, dass etwas von dieser Liebe in Ihrem Leben aufleuchtet und dann weiter brennt.
Tim Wollenhaupt
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.