Zum Evangelium Lk 7,36-8,3 am Sonntag, dem 12.06.2016
Er aber sagte zu der Frau: Dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden!
Gal 2, 16.19-21
Wir haben erkannt, dass der Mensch nicht durch Werke des Gesetzes gerecht wird, sondern durch den Glauben an Jesus Christus.
Sünder? Sünderin? Frauen und Männer sind Sünder, weil sie gegen das Gesetz verstoßen. Jeder und jede auf unterschiedliche Art und Weise. Die Frau im Evangelium wird sogar als die Sünderin bezeichnet.
Warum sie das ist, wird nicht deutlich gesagt, sondern es wird die Fantasie des Lesers und Hörers bemüht.
Diese Frau umsorgt Jesus auf eine Weise, die uns heute fremd ist. Sie wäscht ihm mit ihren Tränen die Füße, trocknet seine Füße mit ihrem Haar und salbt seine Füße mit duftendem Öl. Sie erniedrigt sich auf der einen Seite und übergießt ihn mit ihrer Liebe auf der anderen Seite.
Und der Gastgeber, der Mann? Auch er sündigt, denn er ist hochmütig.
Jesus behandelt beide gleich, weder verstößt er die Frau, noch weist er den Mann schroff zurecht. Er erzählt ihm aber ein Gleichnis, das es in sich hat, und er legt es dem Mann danach noch aus!
Tja, man merke sich: Wenn man mit einem Finger auf jemanden zeigt, weisen meistens drei auf einen selbst zurück.
Jesus vergibt ihr die Sünden! Denn ihr Glaube habe ihr geholfen!?
Nun lohnt sich ein Blick in die heutige 2. Lesung. Paulus schreibt an die Galater und erläutert ihnen den Zusammenhang von Glaube und Gesetz. Nicht durch die Werke des Gesetzes wird der Mensch gerecht, sondern durch den Glauben!
Hier scheint das jüdische Gesetzesverständnis hindurch. Im Judentum wird das Gesetz besonders geachtet. 613 Regeln finden sich in der Thora. Die Zehn Gebote gehören dazu. Der Mensch, der an Gott glaubt, richtet sein Leben durch den Glauben selbst genau so aus, dass er das Gesetz ganz automatisch einhält. Der Glaube macht den Menschen gerecht. Wie in der Bergpredigt wird so das Handeln des Menschen zu selbstlosem Tun. Der glaubende Mensch handelt gerecht, weil er glaubt.
Das heißt im Umkehrschluss: Das Gesetz wird nicht deshalb eingehalten, weil es existiert. Dadurch erhält das Gesetz eine andere Bedeutung! Und, existiert ein Gesetz eigentlich immer aus dem Glauben heraus oder hat es einen anderen Ursprung?
Wenn nun das Gesetz gebrochen wird, schwächelt dann der Glaube? Ist Sünde dann Unglaube? Es ist jedenfalls zunächst zutiefst menschlich und die Schwäche im Begriff des Glaubens selbst enthalten. Glauben heißt nicht wissen. Glauben beinhaltet immer auch das Zweifeln. So ist auch die Bergpredigt durchweg zu verstehen.
Die Frau im Evangelium jedenfalls, die Sünderin, ist wieder auf dem richtigen Weg. Sie wird durch ihren Glauben selbst gerecht. Das genau sagt Jesus ihr zu und vergibt ihr das, von dem wir nicht wissen.
Ist es für uns nicht eine erwärmende Hoffnung, dass wir auf diese Vergebung Gottes hoffen dürfen, wenn uns der Glaube selbst gerecht werden lässt und wir unser Handeln selbstlos aus der Liebe und dem Glauben heraus verantworten? Dann gehen auch wir in seinem Frieden.
Ach so, da war noch etwas: die Frauen! Was möchte uns Lukas eigentlich damit sagen, als er im Anschluss an seine Erzählung erwähnt, dass Jesus daraufhin das Reich Gottes verkündend von Dorf zu Dorf zieht und dabei sowohl von den Zwölfen als auch von einigen Frauen, darunter Maria Magdalena, begleitet und unterstützt wurde.
Männer und Frauen unterstützen den Herrn in der Verkündigung?
Dein Glaube hat dir geholfen. Geh in Frieden!
Thomas Schlott
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.
Thomas Schlott