Es ist gefährlich, doch die Frau nimmt all ihren Mut zusammen. Nichts und niemand wird sie fernhalten von ihm. Behutsam verbirgt sie das kostbare Salböl in den Falten ihres Kleides, dann macht sie sich auf den Weg – entschlossen und zielstrebig. Die Stadt liegt noch im tiefen Schlaf. Nur wenige Menschen sind an diesem frühen Sonntagmorgen schon wach.
Ungesehen huscht sie durch das alte, verwitterte Tor. Ein großer Garten breitet sich vor ihr aus, einladend und bergend. Gleich bin ich bei ihm! Von diesem Gedanken getrieben, beschleunigt sie noch einmal ihren Schritt, um im selben Moment vor Schreck zu erstarren: Der Stein! Der große, schwere Stein ist beiseite gerollt, das ist Grab offen. Ein schwarzes Loch tut sich vor ihr auf. Fassungslos hält sie inne, nur ihre Tränen rinnen unaufhaltsam über das bleiche Gesicht.
Es ist Maria aus Magdala, von der ich erzähle.
Anschaulich beschreibt die Bibel ihren Gang zum Friedhof.
Ein gefährliches Unternehmen. Schließlich war es streng verboten einen hingerichteten Verbrecher zu ehren.
Vorsichtig beugt sie sich in das Grab hinein.
Zwei leuchtende Gestalten blicken ihr aus der Dunkelheit entgegen,
und einer fragt: Frau, warum weinst Du?
Sie haben meinen Herrn weggenommen, stammelt sie fassungslos, und ich weiß nicht, wohin man ihn gelegt hat!
Hilflos dreht Maria sich um. Da steht er vor ihr. Jesus!
Sie schaut ihn an und erkennt ihn nicht.
Und als er sie fragt: Frau, warum weinst Du, wen suchst Du?, denkt sie, es sei der Gärtner. Verzweifelt bedrängt sie ihn: Herr, wenn Du ihn weggenommen hast, dann sag mir, wohin Du ihn gelegt hast, damit ich ihn holen kann! Jesus schaut sie an und spricht nur dieses eine Wort: Maria!
Da dreht sie sich um und sie erkennt: Rabbuni – Meister!
Ein Wort wird zur Wende!
Bei ihrem Namen gerufen, erwächst in Maria die Kraft, sich selbst und damit ihr ganzes Leben neu auszurichten:
Vom Dunkel ins Licht!
Von der Trauer zur Freude!
Vom Tod zum Leben!
Der Evangelist Johannes erzählt von dieser Begegnung am Ostermorgen: Buchstäblich eine Lebenswende. Der Ruf des Auferstandenen erfüllt Maria ganz und gar. Wie ein nie verstummendes Echo erklingt ihre Osterfreude noch bis heute:
Ich habe den Herrn gesehen!
Mein Name ist Gertrude Knepper. Mich begeistert diese große biblische Frau.
Mutig und beharrlich, vertraut sie, gegen jeden Augenschein! Sie setzt all ihre Liebe auf Gott und gewinnt das Leben – für immer!
Ich bin ein wenig stolz und vor allem sehr dankbar, als Seelsorgerin in einer Gemeinde zu arbeiten, die ihren Namen trägt: Maria Magdalena, in Bochum-Höntrop. Heute feiern wir den 100. Geburtstag unserer Kirche. (Glockengeläut aus MM einspielen, und leise unter folgendem Schluss ausklingen lassen)
Was ich mir zum Fest wünsche?
Ich wünsche mir und allen, die auf der Suche sind,
den Mut zum ersten Schritt!
Ich wünsche mir und allen, deren Herz voll Sehnsucht brennt,
die Erfahrung einer überraschenden Begegnung!
Und wenn Sie heute bei Ihrem Namen gerufen werden,
drehen Sie sich doch mal um!
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