- Sonntag im Jahreskreis, 02.08.2015
Zum Evangelium nach Johannes 6, 24-35
In vielen Berufen gibt es bestimmte Werkzeuge, die man unbedingt besitzen muss, um den Beruf damit ausüben zu können. Für Schneider und Friseure wäre eine Tätigkeit ohne Schere wohl kaum möglich. Backen Sie mal einen Kuchen ohne Ofen.
Neben dem, was man unbedingt zum Arbeiten und damit zum Überleben braucht, gibt es viel, was man nicht unbedingt braucht, aber das Leben erleichtert. Jeweils eine Schere für jede denkbare Schnittform. Den Backofen auf Augenhöhe. Den dritten leistungsstarken Akkuschrauber in der auch sonst gut gefüllten Werkzeugkiste. Menschen neigen dazu, ihre Phantasie auf die Erleichterung ihrer Tätigkeiten auszurichten. Klopft heute noch jemand einen Teppich aus? Dafür gibt es Staubsauger.
All das, den alltäglichen Konsum, den unbedingt notwendigen wie den eher überflüssigen, schiebt Jesus im heutigen Evangelium beiseite. „Ihr sucht mich nicht, weil ihr ein Zeichen gesehen habt, sondern weil ihr von den Broten gegessen habt und satt geworden seid.“ Er weist die Menschen in seiner Umgebung darauf hin, dass ihnen das kurzfristige Stillen des Hungers vollkommen genügt hat. So, wie die Sachen auf meiner Einkaufsliste. Erst wünsche ich sie mir, dann hole ich sie mir, dann bin ich zufrieden. Bis zum nächsten Verfassen einer Einkaufsliste.
„Müht euch nicht ab für die Speise, die verdirbt, sondern für die Speise, die für das ewige Leben bleibt und die der Menschensohn euch geben wird.“ Jesus ruft dazu auf, den eigenen Horizont zu erweitern. Nicht das Kurzfristige, das Fernziel ist entscheidend. Nicht, ob ich einen vollen Magen habe, sondern ein gefülltes Herz.
Kürzlich gelang es mir, einem Menschen eine unerwartete Freude zu machen. Dieser Mensch hat sich nicht nur in dem Moment gefreut, als wir uns sahen. Er hat einige Tage später einen Brief geschrieben. Nicht sehr lang, aber mit ganz viel Herzblut. Ein solcher Brief macht mich nicht satt. Aber meine Seele kann lange davon zehren. Ein ganz praktisches Beispiel dafür, was Liebe kann. Nicht ein Betrag macht mich reich, sondern eine Zwischensumme des Glücks, mit dem ich andere beschenken kann und selbst beschenkt werde.
„Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben“, lesen wir von Jesus im Evangelium. Nicht allein das Stück Brot in meinen Händen, sondern die geteilte Liebe darf ich mir einverleiben. Und darum kann ich verstehen, dass die Menschen Jesus bitten: „Herr, gib uns immer dieses Brot.“
Einen gesegneten Sonntag wünsche ich Ihnen – und ein Stück von der geteilten Liebe Gottes, sei es als Brot, als gute Begegnung oder als Mut machendes Lächeln.
Tim Wollenhaupt
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.