Zum Evangelium Joh 10, 11-18 am Sonntag, dem 26. April 2015
Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. Der bezahlte Knecht aber, der nicht Hirt ist und dem die Schafe nicht gehören, lässt die Schafe im Stich und flieht, wenn er den Wolf kommen sieht; und der Wolf reißt sie und jagt sie auseinander.
In vielen Basiliken der ersten Jahrhunderte finden wir das Motiv des guten Hirten ganz vorne in der Apsis. Meist sind es bunte Mosaiken aus lauter kleinen Steinen, die den guten Hirten Jesus Christus darstellen, umgeben von Schafen, mit denen er vertrauten Umgang pflegt. Mir ist der Hirte sympathischer, als das Gegenbild, der mächtige, übergroße Pantokrator, der Allherrscher, den man in diesen Kirchen auch oft finden kann. Der Hirte hat etwas Menschliches, Nahbares, Vertrauen Aufbauendes an sich, das Sympathie weckt bei Groß und Klein. Gehen wir noch einmal das heutige Evangelium durch, um herauszufinden, wie Jesus Christus, der gute Hirte, sich selbst versteht.
Zunächst wird der gute Hirte dem bezahlten Knecht gegenübergestellt. Während der bezahlte Knecht nur seinen Job macht und ihm nichts an den ihm Anvertrauten liegen, ist der gute Hirte bereit, alles zu geben, wenn es sein muss sogar sein Leben. Erschreckend, wie radikal hier der gute Hirte beschrieben wird, andererseits zeigt das den Wert, den wir bei ihm haben. Jesus, der gute Hirte steht treu zu uns, egal wie wir selbst zu uns stehen, was uns plagt und sorgt – er ist ansprechbar für unseren kleinen und größeren Nöte, aber auch für unsere Freuden und Glücksmomente.
Das mag daran liegen, dass der gute Hirte seine Anvertrauten kennt. Sie sind keine anonyme Masse für ihn, ein unscharfes Mosaik aus vielen Gesichtern, sondern jeder und jede ist einmalig und durch und durch bekannt. „Ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich.“
Aber es wird noch mehr vom guten Hirten ausgesagt: Er ist offen auch für diejenigen, die ihm nicht anvertraut sind, die ein anderes Temperament, ein anderes Lebensgefühl eine andere Einstellung zu ihm haben. Auch ihnen fühlt sich der gute Hirte zugehörig.
Und ein letztes Merkmal des guten Hirten: Sein Einsatz für die ihm Anvertrauten ist Sorge um das Wohl des anderen mit ganzer Kraft. Es geht ihm nicht um sich selbst und um seine Ehre, sondern um das Wohl der anderen.
Auch uns sind Menschen anvertraut. Vielleicht kann uns der gute Hirte da Hinweise geben, dass wir unser Bestmögliches tun, dass wir zeigen, dass uns die uns Anvertrauten etwas bedeuten und wir Anteil nehmen an ihrem Leben, Leiden und Siegen. Es ist nicht einfach, offen zu sein für diejenigen, die ganz anders denken und empfinden wie wir, aber es macht uns reicher und klarer in unserer Einstellung. Wenn wie Sorge tragen für diejenigen, die uns anvertraut sind, sind wir auf den Spuren Jesu, des guten Hirten.
Jesus ist der gute Hirte, aber auch wir sind aufgefordert, für die uns Anvertrauten zu sorgen, so wie er es vorgemacht hat.
Hans – Josef Winkler
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.