Zum Evangelium Joh 11, 1-45 am 5. Sonntag der Bereitungszeit – 22.3.2015
Die Lazarus-Geschichte, auf die wir am 5. Sonntag der Bereitungszeit in unserer Gemeinde hören, bewegt mich immer wieder zutiefst.
Da ist zum einen die Reaktion der beiden Schwestern Marta und Maria auf das Kommen Jesu: „Wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben“! Dieser Ausruf beider ist so verständlich und autentisch! Beide glauben fest daran, dass Jesus der Christus und Messias ist. Beide glauben fest an die Auferstehung der Toten am letzten Tage. Und doch ist der Schmerz so groß, dass sie ihren Bruder im Hier und Jetzt loslassen und ihr Leben nun ohne ihn an ihrer Seite meistern müssen. Warum bloß, wenn Jesus es doch hätte verhindern können?!
Wärst du doch nur hier gewesen … oder auch anders formuliert: warum warst du nur nicht da, als es zum Schlimmsten kam? … Völlig nachvollziehbare und selbst durchlebte Gedanken, wenn uns großes Leid widerfährt, wenn wir endgültig von einem geliebten Menschen Abschied nehmen müssen, besonders dann, wenn dieser nach menschlichem Ermessen noch viele Jahre im Kreise seiner Lieben hätte haben müssen, wenn die Lücke, die er hinterlässt, so grausam groß ist!
Noch mehr rührt mich die Reaktion Jesu auf diese Ausrufe seiner engen Freundinnen an. Hatte er vorher noch – ich nenne es mal – theologisiert, seinen Jüngern erklärt, dass alles geschieht zur Verherrlichung Gottes in einer Art und Weise, als wäre er persönlich gar nicht betroffen, so zeigt sich Jesus nun im Angesicht der trauernden und weinenden Freundinnen so menschlich, so emotional! „(Da) war er im Innersten erregt und erschüttert“ und er weint. JESUS WEINT!! Wie nah ist er mir da! Es ist wie ein Sich in die Augen Sehen, wie ein Umarmen: Dir ist es nicht fremd, was wir fühlen, Jesus, und schon gar nicht egal! Dein Mit-Leid und deine mit uns geteilte Emotion ist echt!
Und dann erweckt Jesus – weinend und tief bewegt , gegen die plötzlichen Bedenken Martas und den Worten „Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen“ – vor aller Augen den Freund zum Leben. Aus der Predigt wird konkrete Tat.
Warum kannst du das nicht im Hier und Jetzt wiederholen, schießt es mir durch den Kopf! Wie gern würde ich geliebte Menschen, die die Schwelle des Todes überschritten haben, wieder in die Arme schließen!
Ich schaue noch einmal genauer hin: Was tut Jesus da eigentlich genau? Er fordert die Menschen auf, aktiv zu werden: Sie sollen den Stein wegschieben, den sie selbst vorher vor das Grab geschoben haben, der Verstorbene folgt dem Aufruf, herauszukommen und die Menschen lösen ihm auf Jesu Aufforderung hin die Binden, die ihn festhalten. Und Jesus sagt zu den Menschen: Lasst ihn weggehen!
Auf ersten Blick, vordergründig, kehrt Lazarus damit in das normale irdische Leben zurück , aber ist es nicht etwas anderes, was entscheidend ist? Weg mit dem Stein, weg mit dem, was Ballast ist, im Dunkeln hält, fesselt und bindet und so befreit sich lösen von der örtlichen Bindung. Das ermöglicht Jesus seinem Freund.
Ich will wirk- lich daran glauben , es auch spüren und leben, dass es genau das ist, was geschieht, wenn Menschen unser Hier und Jetzt endgültig verlassen und heimgehen zum Vater! Sie leben ohne die Fesseln und Bindungen, die ein menschlicher Körper mit sich bringt, in der Freiheit Gottes auf ewig , mit uns verbunden und nah, uns nur einen Schritt voraus!
Maria Schmale
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.