Zum Evangelium Joh 2, 13-22 am Sonntag, dem 9. November 2014
Er machte eine Geißel aus Stricken und trieb sie alle aus dem Tempel hinaus, dazu die Schafe und Rinder; das Geld der Wechsler schüttete er aus, und ihre Tische stieß er um. Zu den Taubenhändlern sagte er: Schafft das hier weg, macht das Haus meines Vaters nicht zu einer Markthalle!
Was ist uns heutzutage noch heilig? Wir erleben seit einigen Jahren eine heftige Diskussion um den Sonntag. Geschäftsleute und Politiker wollen gern an noch mehr Sonntagen die Geschäfte öffnen lassen. Klar, die Leute haben mehr Zeit und könnten darum auch mehr kaufen. Der Umsatz steigt, der Rubel rollt, und man tut etwas zur Belebung der Wirtschaft.
Es geht bei der Diskussion um den Verkauf am Sonntag ja auch um etwas anderes. Wieder einmal wird eine jahrtausendalte christliche Tradition in Frage gestellt: Der Sonntag! In einer hektischen Zeit kann man anscheinend keinen besonderen Tag der Neubesinnung und der Neuorientierung mehr gebrauchen. In einer Zeit, wo man sonntags lange Touren auf der Autobahn macht, wo man sonntags die Ausflugslokale besucht, wo man sonntags die Sportveranstaltungen bevölkert – in einer solchen Zeit ist es nur zu logisch, dass man irgendwann auch die Geschäfte öffnet. Viele Geschäfte, Kioske und Tankstellen haben längst jeden sonntags geöffnet: da kommt es doch auf ein paar Geschäfte mehr oder weniger nicht mehr an!
Ob die Geschäfte am Sonntag offen sind oder nicht, das muss mit der Heiligkeit des Sonntags nichts zu tun haben. Der Sonntag ist heilig, weil er Gottes Feiertag ist. Der Sonntag ist ein Raum, ein Tag von sieben Tagen der Woche, an welchen wir eingeladen werden, zur Ruhe und zur Besinnung zu kommen. Wir Menschen sind es, die den Feiertag und den Ruhetag brauchen. Eine Nation, welche mehr und mehr den Sonntag abschafft, die schadet eigentlich sich selbst.
Da räumt Jesus im Heiligtum auf. Dieses Heiligtum hatte die Aufgabe, Menschen zu Gott zu bringen. Aber da waren inzwischen zu viele Hindernisse und Barrieren auf dem Weg zu Gott aufgebaut. Die Geschäftemacher hatten sich aufgebaut, denen der Dienst am Geld wichtiger war als der Gottesdienst. Und hier räumt Jesus ganz radikal auf. Der liebe Herr Jesus greift zur Peitsche und wird gewalttätig. Das Heiligtum soll ein Heiligtum bleiben und nicht zum Kaufhaus verkommen!
Wir brauchen uns nicht darüber zu erregen, was andere aus dem Sonntag machen: wichtig ist, dass der Sonntag bei uns selbst heilig gehalten wird. Der Sonntag ist auch bei uns heilig, wenn wir ihn als eine Einladung Gottes an uns verstehen!
Wir haben jedenfalls nicht die Autorität Jesu, den Händlern die Tische umzustoßen. Wir haben eher die Möglichkeit, unseren Glauben in unserer Gemeinde zu pflegen und damit unser Leben zu gestalten. Wenn wir das überzeugt tun und es uns die Mühe wert sein lassen, unseren „Tempel“ im Sinne Gottes zu pflegen, dann werden andere irgendwann auch darauf aufmerksam. Dann wird der ein oder andere, der nur noch auf seinen Handel fixiert war, seinen Tisch auch einmal verlassen.
In diesem Sinne einen Sonntag für die Seele!
Hans – Josef Winkler
Die Rubrik Impuls zum Sonntag – gibt Frauen und Männern aus unserer Gemeinde die Möglichkeit, ihrem priesterlichen und prophetischen Auftrag Ausdruck zu verleihen. An dieser Stelle finden Sie in jeder Woche neu persönliche Gedanken zum Evangelium des jeweiligen Sonntags – individuelle Lebens-und Glaubenszeugnisse von Menschen, die versuchen, ihr Leben aus der Kraft der Taufe anzunehmen und zu gestalten.